Toubab

Auf den Spuren der Dakar, Sternenhimmel und Sandbleche

Frisch gestärkt verlassen wir am Samichlaus den Senegal in Richtung Mauretanien. Wir freuen uns auf die Wüste. Doch schon nach einigen Kilometern will es ein Polizist genau wissen: Er möchte die Funktionstüchtigkeit unseres Autos und der Motorräder prüfen. So müssen wir das Licht einschalten, die Blinker betätigen und hupen. Er nickt zufrieden (noch zufriedener wäre er wohl gewesen, wenn etwas nicht funktioniert hätte, denn dann hätte er etwas verdienen können...). Was die Situation mehr als komisch macht, sind die vielen einheimischen Autowracks, die am Kontrollpunkt vorbeifahren: Bei denen funktioniert lediglich der Motor, aber eben, die Touristen sind wir und wenn, dann gibt´s an uns etwas zu verdienen! Wir fahren weiter und schon nach einem Kilometer will die nächste Kontrolle noch den Feuerlöscher sehen. Auch dieser Polizist muss uns mit einer leichten Enttäuschung ziehen lassen - wir haben nämlich zwei Feuerlöscher dabei.

Dann kommt die Grenze von Senegal nach Mauretanien. Diese Grenze hat uns schon auf der Hinreise einiges an Ärger bereitet und wir sind entsprechend vorbereitet. Zuerst die senegalesische Seite: Der Zoll ist in ein paar Minuten erledigt, doch der Polizist will für die Ausreise Geld. Sämi erklärt ihm, dass wir nun das dritte Mal aus dem Senegal ausreisen und bis jetzt nie etwas zu bezahlen gehabt hätten. Natürlich hat der Polizist eine Erklärung parat, leider nicht sehr einleuchtend. Nach längerem Hin und Her lässt er uns ziehen, Geld müssen wir dann doch nicht bezahlen. Dann will noch einer Geld für die Überquerung der Brücke. Trotz offizieller Quittung lässt sich auch hier ein passabler Preis aushandeln.

Nun kommt die maurische Seite: Auch hier wollen sie für dieses und jenes Geld. Die maurische Währung darf man nur in einer Bank zu einem lausigen Kurs wechseln und die Zollgebühren in Fremdwährung sind enorm. Also wechseln wir schwarz - im Beisein des Grenzbeamten (!!!) - und bezahlen in Ouguyia. Natürlich will dann der Polizist seinen Anteil, damit er das Schwarzwechseln übersieht…

Als das endlich geschafft ist, brauchen wir noch die Versicherung zu lösen. Leider ist das an diesem Grenzübergang nicht möglich und wir müssen nach Rosso. Rosso ist bekannt für allerlei Kleinkriminelle, Schieber und andere Banditen, kurz, ein Ort, den man besser meidet. Leider lässt sich das nicht vermeiden. Schliesslich haben wir es aber doch geschafft, Versicherung und Treibstoff zu organisieren, die diversen Schlepper abzuwimmeln und in Richtung Wüste aufzubrechen.

Unsere erste Etappe führt uns über eine kaum auffindbare Piste von Rosso nach Aleg, dann auf der Teerstrasse nach Tidjikja. Da müssen wir für die Motorräder auf dem Schwarzmarkt Benzin auftreiben (den Tipp haben wir vom Polizisten erhalten!) und uns bei der Polizei registrieren lassen. Beides können wir noch vor Sonnenuntergang erledigen, doch als wir aus Tidjikja hinausfahren, streikt plötzlich Isabels KTM. So schleppen wir mit dem Landy das Motorrad aus der Stadt und verstecken uns hinter dem nächst besten Hügel. Während David die Maschine repariert (ein Kabel ist durchgescheuert, das war schon alles), schlagen wir das Nachtlager auf. Der Ort ist nicht gerade einladend, dafür ist die Nacht ruhig.

Am nächsten Morgen brechen wir früh auf. Die Strecke wird recht abenteuerlich, das wussten wir schon im Voraus, schliesslich ist sie eine Etappe der berühmten Rallye Paris-Dakar. Schon nach wenigen Kilometern können wir die «Route Nationale 4» nicht mehr auffinden, die Spuren gehen in alle Richtungen und werden schliesslich vom Sand verweht. Es ist unglaublich oder eher ein schlechter Witz, dass da von einer Nationalstrasse die Rede ist! So navigieren wir mit Karte und GPS mitten durch die Sahara. Die Landschaft ist traumhaft. Wir fahren mitten durch schönste Dünen, passieren schroffe Felsen und tauchen wieder in den Sand ein. Leider ist das auch mit viel Arbeit verbunden. Wir sanden mehrmals ein und brauchen für eine Strecke von 17 km mehr als vier Stunden. Teamarbeit ist gefragt: Während Sämi den Sand unter den Rädern und unter den Achsen wegschaufelt, hievt und schleppt Regi die Sandbleche durch den Sand. Von der Arbeit beschäftigt merken wir nicht, dass plötzlich ein Hirtenjunge und sein kleiner Bruder neben uns stehen und uns interessiert zuschauen. Die vermeintlich menschenleere Wüste ist eben doch bewohnt. David und Isabel haben es vergleichsweise einfach mit ihren leichten Motorrädern. So treffen wir uns erst am Abend beim abgemachten Wegpunkt. Die harte Arbeit im Sand wird belohnt: Wir übernachten inmitten eines Ergs und sind fasziniert vom klaren Sternenhimmel, den wir für uns alleine zu haben glauben.

Drei Tage später treffen wir in Atar ein, wir haben zwei Tage mehr gebraucht als die Rallye (wir können einfach nicht glauben, dass diese verrückten Kerle diese 400 km in einem Tag schaffen!). Nun freuen wir uns auf eine Dusche auf dem Camping Bab Sahara von Justus (aus Holland) in Atar. Hier verbringen wir einige erholsame Tage. Das Essen schmeckt ausgezeichnet (natürlich kommt es nicht ganz an unsere in der Sahara zubereiteten und reichlich mit Sand versetzten Menüs heran!). Über Justus lernen wir Ahmed und den Kameltreiber Mohammed kennen. Ahmed fährt uns mit seinem altersschwachen Geländewagen in horrendem Tempo durch das Dünenmeer. Er muss natürlich nie schaufeln oder Sandbleche unterlegen. Wir kommen bei Mohammeds Familie an. Bis die Kamele mit den traditionellen maurischen Sätteln gesattelt sind, werden wir bei Mohammeds Familie im Nomadenzelt zum traditionellen Tee eingeladen und kriegen faszinierende Einblicke ins Leben einer maurischen Familie irgendwo draussen in der Wüste. Das Erlebnis des Kamelreitens in schönster Landschaft ist fantastisch, die Schmerzen am Gesäss am Abend hingegen weniger…

Wenn es in der Wüste donnert, obwohl es am Himmel keine Anzeichen von Gewitter hat

Von Atar geht´s nordwärts weiter nach Choum, wo wir auf die Schienen der Eisenerzbahn Mauretaniens treffen. Für 450 km folgen wir einer abschnittweise sehr weichsandigen Piste den Bahngleisen entlang (wenigstens gibt´s hier für einmal keine Orientierungsschwierigkeiten) und fahren westwärts in Richtung Nouadhibou. Während der Fahrt treffen wir auch tatsächlich auf die schweren und langen Erzzüge und müssen diese entsprechend bestaunen und fotografieren.

Nach drei Tagen Fahrt mit einsamen Nächten treffen wir auf die Spur, die durchs Minenfeld zum Grenzposten Mauretanien-Marokko führt und nehmen diese Fahrt ein zweites Mal unter die Räder. Zwar hält uns ein Maure unterwegs an und will uns klar machen, dass die Grenze seit Kurzem geschlossen sei, aber nach über zweimonatiger Erfahrung mit Schleppern wollen wir ihm nicht glauben und folgen dem Track, den wir in unserem GPS abgespeichert haben und müssen nach einer halben Stunde Fahrt feststellen, dass der Mann Recht hatte: Ein mannshoher Erdwall verhindert ein Weiterfahren. Hinter den verlassenen Zollhüttchen kommen Soldaten hervor und schicken uns zurück. Der Weg zum neuen Grenzposten ist sogar über eine nagelneue Teerstrasse zu erreichen. Zu unserem Erstaunen verlaufen die Grenzformalitäten sehr rasch, freundlich und niemand will Geld oder Geschenke von uns. Wir sind erstaunt, dass so viel Fortschritt in zwei Monaten möglich ist.

Wie uns die Kälte des Dezembers langsam nach Hause begleitet

Nun sind wir wieder in Marokko - halbwegs schon in Europa. Wie wir auf der Hinreise erstaunt waren, wie anders Marokko ist, so stellen wir auf dem Rückweg das Gegenteil fest. Wir sind überrascht, wie geordnet alles zu und her geht. Plötzlich funktioniert wieder alles. Wie doch so ein Perspektivenwechsel Wunder wirken kann.

Es ist ziemlich kalt hier!!! Zuerst sind rund 1000 km Fahrt durch die Westsahara angesagt. Auf einem von uns beiden bereits geprüften Campingplatz belohnen wir uns mit dem überaus feinen Kamelfleisch an Dattelsauce, serviert im windgeschützten Beduinenzelt.

Die Lust aufs Campingleben nimmt mit jedem Kilometer nordwärts ab und so beschliessen wir, die Weihnachtstage in einem Hotel in Marrakech zu verbringen, denn einen Besuch dieser Stadt haben wir uns im Oktober aufgespart. Und so versuchen wir nun doch noch in Weihnachtsstimmung zu gelangen - ein paar blinkende Christbäume, aufblasbare Samichläuse und die Kälte machens uns etwas leichter.