Toubab

Die abenteuerliche Suche nach einem Internet-Café in Zagora

14. Oktober. Ein Internet-Café zu finden ist ein Abenteuer für sich. Im Reiseführer ist eines beschrieben. Wir machen uns auf den Weg und finden die Adresse in Zagora tatsächlich. Leider ist das Internet-Café nicht am Netz angeschlossen. Das hilft uns auch nicht weiter. Immerhin kann man uns da angeben, wo das nächste liegt. Wir machen uns auf den Weg.

Das nächste ist gut angeschrieben mit einem deutlichen Pfeil die Treppe hoch und auch die Tür ist deutlich angeschrieben. Die Tür klemmt, wir drücken. Als sie sich öffnet, steht ein junger Mann in Unterhosen und dem Badetuch über der Schulter vor uns und gibt uns zu verstehen, dass das Café nicht mehr existiere, schon lange nicht mehr...

Also versuchen wir es in der nächsten Strasse, und siehe da, wir haben Glück: Es ist offen und fast voll besetzt. Die Tastatur ist mit arabischen Buchstaben versehen, was uns vor Probleme stellt. Natürlich sind einige lateinische Buchstaben am gleichen Ort zu finden wie die arabischen, aber nur einige. Trotzdem können wir unseren Bericht hochladen und unsere Mails verschicken.

Die Fahrt durch den Süden Marokkos

Wir verlassen Zagora und fahren durch das Drâa-Tal . Wir fahren von einer Oase zur nächsten und sind erstaunt, wie viele Datteln hier gepflückt werden. Es scheint fast so, als bestünde das Leben hier nur aus Datteln. Weiter westwärts, in Taliouine, übernachten wir, geniessen einen schönen Sonnenuntergang und frieren, wir sind auf gut 1000 M. ü. M.

15. Oktober. Die Fahrt geht weiter westwärts in Richtung Agadir, wo sich die Landschaft erneut verändert. Wir sind jetzt nicht mehr in der Wüste sondern in einer fruchtbaren Umgebung angelangt, wo Zitrus- und Obstbäume das Bild prägen. Am Abend landen wir in Sidi Ifni, einer kleinen Stadt am Meer, die bis 1969 den Spaniern gehörte. Seit die Spanier abgezogen sind wurde nichts mehr verändert, die Stadt gleicht einer einzigen Ruine.

Westsahara: Ein Kriegsgebiet ohne Krieg und ein Busse

16. Oktober. Wir verlassen Sidi Ifni am frühen Morgen und wenden uns südwärts Richtung Westsahara. Die Westsahara wurde 1975 von Marokko annektiert und wird seither von den Marokkanern bevölkert. Der Staat lockt mit Subventionen und zollfreiem Treibstoff (1 Liter Diesel kostet in der Westsahara nicht mal 50 Rappen!) Marokkaner in dieses trostlose Wüstengebiet. In regelmässigen Abständen finden wir neu gebaute Siedlungen, die aber grösstenteils unbewohnt sind. Das Ziel ist, dass die hier lebende Bevölkerung, die nicht sesshaften Saharawis, zahlenmässig zur Minderheit werden und die Bevölkerung in einer von der UNO überwachten Abstimmung offiziell den Wunsch äussert, definitiv zu Marokko zu gehören, so geht das! So überqueren wir dann am Nachmittag die «Grenze» zur Westsahara. Ein mulmiges Gefühl ist schon dabei, schliesslich war hier vor noch nicht allzu langer Zeit ein blutiger Krieg im Gang und offiziell gilt die Westsahara noch als Kriegsgebiet. Die nun zahlreichen Checkpoints der Polizei bestätigen uns, dass noch nicht alles überstanden ist, allerdings sind für uns keine kriegerischen Handlungen sichtbar.

Hier werden wir auch erstmals von den Uniformierten um Geschenke angebettelt. Ein Polizist will etwas zu essen. Wir weisen ihn darauf hin, dass eigentlich Ramadan sei, worauf er die Bettelei etwas beschämt aufgibt...

Auch wird die Geschwindigkeit der Autos gemessen. Unsere war zu hoch, und erst noch deutlich! Statt 60km/h zeigt das Lasermessgerät neuster Bauart 76km/h an. Der Polizist will 400 Dirham von uns, was ca. Fr. 60.- ist. Für schweizer Verhältnisse ist die Busse ein Pappenstiel, doch wir sind in Marokko und hier sind 400 Dirham ein kleines Vermögen. Wir geben ihm zu Verstehen, dass unser Besitz noch 120 Dirham beträgt, da es ja verboten ist, Dirham nach Mauretanien einzuführen. Er stellt uns kurzerhand einen neuen Bussenzettel über 100 Dirham aus. Wir sind zufrieden (er anscheinend auch...).

Am Abend treffen wir kurz vor Laâyoune auf einen wunderschönen Campingplatz mitten in der Wüste. Der Platz wird von Luc und Martine, zwei Belgiern um die 50 Jahre, geführt. Wir essen in einem Beduinenzelt Kamelfleisch an einer wunderbaren Dattelsausse, trinken Wein und fühlen uns wie die Könige! Diesen Platz haben wir uns für den Rückweg vorgemerkt, wer weiss, vielleicht feiern wir da Weihnachten?

17. Oktober. Es folgen 600km Westsahara nach Daklah, wo wir auf einem trostlosen Campingplatz unser Nachtlager einrichten. Bis vor kurzem war dieser Platz die Besammlungstelle für den Konvoi zur Grenze. Die Konvoipflicht wurde aufgehoben, die Minen seien aber immer noch da, hören wir.

18. Oktober. Am Morgen reden wir mit einem französischen Paar, welches gerade von Mauretanien kommt. Sie sind ziemlich aufgebracht und haben offenbar eine unangenehme Zeit in Mauretanien verbracht. Sie erzählen von schlechten Pisten, korrupten Beamten und Banditen. Wir befürchten Schlimmes und machen uns trotzdem auf den Weg zur Grenze.

Die nicht ganz ungefährliche Einreise nach Mauretanien und wie wir in eine neue Welt kommen

Der marokkanische Zoll lassen wir schnell hinter uns und fahren anschliessend ca. 20km durch vermintes Niemandsland. Die Piste ist allerdings gut zu finden. Unterwegs treffen wir immer wieder auf dubiose Gestalten, die sich uns als Führer anbieten. Dann kommt der erste mauretanische Posten der Polizei. Der Posten besteht aus einer Art Hütte aus Karton und Dachlatten zusammengebastelt. Darin liegen einige Gestalten herum und ein übel gelaunter Polizist nimmt unsere Angaben entgegen. Ein Formular wird ausgefüllt und in der Zwischenzeit grübelt ein Polizist mit unseren Pässen zwischen den Zehen. In der Ecke liegen französische Modemagazine, wahrscheinlich wegen den knapp bekleideten Models. Na ja, die Polizisten sind Männer und erst in zweiter Sache auch noch Muslime. Dann geht´s zum Militär und schliesslich zum Zoll. Dank unseren Französischkenntnissen ist die Sache allerdings schnell erledigt (wir hörten von anderen, die haben da Stunden verbracht).

Hier treffen wir auf Sam und Jamie. Sie sind mit zwei Venezuelanern und ihren zwei Landys unterwegs nach Nouâdhibou, wie wir. Sie haben ausserdem noch je einen Anhäger mit mehreren Motorrädern dabei. Sie treffen in Nouakchott Belgier für einen Trip durch die maurische Sahara. Sie fahren mit einem Führer los.

Nachdem wir unsere Formalitäten erledigt haben, lehnen wir die sich aufdrängenden Führer ab und fahren auf der deutlichen Piste ins Minengebiet auf der mauretanischen Seite. Die unzähligen Spuren nehmen alle eine andere Richtung und wir folgen der alten spanischen Trasse, so wie unser Reiseführer uns das vorschlägt. Natürlich bemerken wir, dass da keine andere Spur vorhanden ist, aber eben, wir haben ja den Reiseführer. Nach einigen Kilometern auf übelster Strasse, sie erlaubt oft nur Schritttempo, stehen wir plötzlich vor einer grossen Düne. Die Strasse ist nicht mehr zu sehen, auch nicht, als wir auf die Düne steigen! In einem Minengebiet ist dieser Umstand eine eher unangenehme Sache. Wir fahren etwa eine Stunde einer Spur nach der anderen nach, wo Spuren sind, sind wahrscheinlich keine Minen. Alle verlaufen früher oder später im Nichts. Irgendwann steht ein maurischer Offizier vor uns. Er steigt ein und führt uns zielsicher durch das Minengebiet. Wir sind beeindruckt, wie er uns durch die Dünen lotst. Für uns sieht alles gleich aus und wir können uns nicht vorstellen, wie man hier die Orientierung behalten kann. Wir sind mehr als erleichtert, als wir nach einigen wenigen Kilometern auf der Strasse sind! Erstaunlich an der ganzen Sache ist, dass diese Strecke die einzige Verbindung zwischen Marokko und Mauretanien ist!

Beim Einnachten treffen wir in Nouâdhibou ein und finden erst nach langem Suchen den Campingplatz. Wir sind recht müde nach dem anstrengenden Tag und gesättigt von den vielen neuen Eindrücken. Auf dem Camping treffen wir wieder auf die Engländer und beschliessen, zusammen mit ihnen die Strecke nach Nouakchott, die Hauptstadt Mauretaniens, in Angriff zu nehmen. Die Nacht ist kurz, wir sind gerade neben der Moschee und bei Tagesanbruch weckt uns der Muezin.

Entlang dem Meer nach Nouakchott

19. Oktober. Bei Tagesanbruch fahren wir los und verlassen die Drittweltstadt. Wir fahren durch wunderschöne Wüstengebiete. Zwischendurch treffen wir immer wieder auf Heuschreckenschwärme, die die wenigen Pflanzen, die erfolgreich Hitze und Trockenheit widerstehen, in Minuten wegfressen. Sie zerschellen zu Hunderten an unserer Windschutzscheibe. Während längerer Zeit fahren wir auf einer perfekten Teerstrasse, die allerdings immer wieder unterbrochen ist. schliesslich suchen wir den Weg zum Meer. Wir wollen die schöne Strandpiste benutzen. Die schwer beladenen Landys der Engländer sanden mehrmals ein und wir können sie mit unserem Superlandy immer wieder herausziehen. Schliesslich finden wir den Strand und kurz darauf gibt der eine Landy der Engländer den Geist auf. Die beiden beginnen mit der Reparatur und wir schlagen das Camp direkt am Meer auf.

20. Oktober. Wir fahren bei Tagesanbruch dem Strand entlang und treffen dabei immer wieder auf Fischer, die mit einfachsten Mitteln ihrem Beruf nachgehen. Endlich in Nouakchott angekommen, brauchen wir zwei Stunden bei über 40° C um die Anhänger der Engländer vom Strand auf die Strasse zu befördern. Direkt am Meer liegt der Camping von Nouakchott. Die Aussicht ist fantastisch: Sandstrand, türkisblaues Meer und die vielen beschäftigten Fischer und tausende lästige Fliegen und 45 Grad am Schatten.... Am Abend kommen zwei Österreicher zu uns und bitten uns um Hilfe. Sie verkaufen Autos, die sie von Europa nach Afrika bringen. Leider sprechen beide kein Französisch. So führt Sämi die Verhandlungen und verkauft in einer stündigen Diskussion einen Iveco-Lieferwagen für 500 Euro. Der Käufer will uns schliesslich zusammen mit dem Verkäufer zu sich nach Hause zum Abendessen einladen. Wir kochen aber selber. Wir beschliessen hier wieder ein bisschen zur Ruhe zu kommen, bevor wir dann in den Senegal aufbrechen.

In der Hauptstadt Mauretaniens die Einkäufe erledigen und ein Internetcafé suchen ist eine eigene Geschichte für sich...Von Verkehrsregeln und Ampeln scheinen die einheimischen Auto- und Eselswagenfahrer wohl wenig zu halten. Erstaunlicherweise funktioniert der Verkehr aber dennoch und unser Landy (respektive Sämi) schafft auch bei Abendverkehr den Weg durchs Gewühl ohne einen Kratzer abzubekommen. Weil immer noch Ramadan ist, stehen die Leute kurz vor Sonnenuntergang bis auf die Strasse Schlange vor den Bäckereien, so dass ein Durchkommen mit dem Auto sehr viel Geduld braucht. An einer Strasse entdecken wir eine Pizzeria und entschliessen uns kurzerhand hier das Nachtessen einzunehmen. Hier wird uns auch ein kühles Bier serviert, was im islamischen Mauretanien eine Seltenheit ist! Die Pizzas sind gut und günstig. Ansonsten sind die Preise ziemlich gesalzen (ein Liter Mineral kostet im Supermarkt SFR. 2.50!), und das in einem Drittweltland. Die Gegensätze zwischen reich und arm sind riesig! Zwischen den mausarmen Fischern am Meer und den wenigen reichen Familien, die im Land das Sagen haben liegen Welten!

Am Strand von Nouakchott spricht uns ein älterer Herr auf Glarnerdeutsch an. Er ist Priester auf der katholischen Mission in Nouakchott. Von ihm erfahren wir, dass zurzeit die ganze Stadt kein Leitungswasser hat. Das überlebenswichtige Gut muss gekauft werden, der Preis einer Eselskarre (2 Fässer) steigt täglich dramatisch an. Anscheinend hat eine dieser oben erwähnten reichen Familien mit dem Wasserwerk einen Deal ausgehandelt, die Wasserleitung gekappt und bereichert sich nun am Verkauf des Wassers. Alle wissen, was läuft, aber keiner unternimmt etwas dagegen. Das ist Korruption à l´africaine! Weiter erfahren wir vom Schweizer die Geschichte vom kongolesischen Botschafter, der seit dem Sturz Kabilas von seinem Staat im Stich gelassen wurde und nun zum «Barkeeper» gewechselt hat (da er vom Kongo nicht zurückberufen wird - und somit als Botschafter anerkannt würde - wird er von Mauretanien immer noch als offizieller Botschafter angesehen...): Bei ihm auf der Botschaft können Bier und andere Alkoholika zu guten Preisen bezogen werden! Sonst lässt sich nämlich nirgends Alkohol legal erwerben.