Toubab

Unser Landy kann wieder gekühlt werden und wildes Campen ist nicht zu empfehlen

Der afrikanische Winter, wenn man diesen überhaupt so benennen kann, hat Einzug gehalten. Tagsüber weht ein permanenter Wind, den die Bauern hier nutzen um das Spreu vom Korn zu trennen (ein beeindruckendes Schauspiel - immer wieder). Wir haben natürlich auch nichts gegen diesen angenehm kühlenden Wind einzuwenden. Dennoch klettern die Tageshöchsttemperaturen immer noch gegen die 35° C am Schatten, in der Nacht kühlt es mittlerweilen immerhin auf 25° C ab, was uns abends bereits veranlasst den Faserpelz anzuziehen(!).

In Ouagadougou lassen wir die Klimaanlage unseres Landys untersuchen und flicken. Während vier Stunden stecken etwa bis zu sechs Mechaniker ihre Köpfe in die Motorhaube und in und unter das Auto, während wir nebenan im klimatisierten Büro des Patron sitzen und angespannt zuschauen, bis uns der Chefmechaniker zu verstehen gibt, dass sie das schon wieder hinkriegen werden, wir könnten beruhigt sein. Und so ist es auch nach getaner Arbeit: Ein Thermostat ist ersetzt worden, die Klimaanlage funktioniert wieder, die Kosten belaufen sich auf Fr. 150.-, inklusive Ölwechsel, da kann man nicht jammern.

In der Stadt haben wir eine günstige und zentral gelegene Unterkunft, sogar mit Garage, gefunden. Nun machen wir uns auf eine Stadtbesichtigung zu Fuss auf. Bei der grossen Hitze, dem Verkehrschaos, den beissenden Abgasen und den fehlenden Trottoirs und Verkehrsampeln ist das Durchkommen alles andere als erholsam. Und so «flüchten» wir nach knapp zwei Stunden zurück in die Herberge, wo wir uns im Hof im Schatten der Bäume eine erfrischende Cola gönnen.

Die Weiterreise führt uns in den Süden Burkina Fasos, ins Grenzgebiet zu Ghana. Ghana war ursprünglich als unser Reiseziel geplant, doch die Einreise ohne Carnet de Passage geht nicht, so verschieben wir den Besuch auf ein anders Mal. Es wird zunehmend grün, die Strassen sind von hohen Baumalleen gesäumt, das Gebiet ist dicht besiedelt. Zum ersten Mal auf unserer Reise gestaltet sich das Campieren im Busch als schwierig. Nicht weil es viele Menschen hat, die überall gelegten Feuer lassen uns keinen Übernachtungsplatz finden. Schon möglich, dass die Bauern ihre Feuer unter Kontrolle haben, aber was, wenn nicht? Und so entscheiden wir uns, bei Einbruch der Dunkelheit auf der mit Schlaglöchern versehenen Piste weiterzuholpern bis nach Bobo-Dioulasso, wo sich der nächste Campingplatz befindet.

Von hier aus unternehmen wir Ausflüge zu den Karfiguela-Wasserfällen und zum Hippoteich, wo wir tatsächlich Flusspferde zu sehen bekommen. Mit einer relativ kleinen Barke werden wir ans andere Ende des seichten Teichs geschoben, wo sich zahlreiche Hippos aufhalten. Im Wissen, dass diese Viecher ziemlich aggressiv und für den Menschen nicht ganz ungefährlich sein können, findet es vor allem Regi nicht so lustig, dass der Führer das Boot sehr nah an die Tiere heran treibt. Aber die Tiere scheinen vor uns mindestens so viel Respekt zu haben wie wir vor ihnen, und sie ziehen sich eher zurück, als dass sie uns näher kommen und so beobachten wir während Minuten, wie sie da friedlich im Sumpf baden, zwischendurch den Rachen aufsperren und einander zubrüllen.

Ein Grenzzwischenfall? Krieg? Oder was soll das nächtliche Geballere?

Nach einer Woche Burkina Faso treten wir die Heimreise an. Kurz vor der Grenze zu Mali schlagen wir unser Nachtlager im Busch auf. Wir finden einen sehr ruhigen und schönen Platz ohne Menschen und Buschfeuer. Kaum wird es dunkel hören wir Gewehrsalven. Wir löschen alle Lichter und horchen in die Nacht. Hin und wieder hören wir dumpfe Explosionen. Das tönt nach Granaten. Kein gutes Zeichen. Wir verharren in absoluter Ruhe und versuchen herauszufinden, woher die Geräusche genau kommen und ob sie lauter werden. Wir planen die Flucht. Endlich wird es still. Wir gehen schlafen, doch so richtig erholsam ist diese Nacht nicht, wir erwachen bei jedem noch so kleinen Geräusch. Auch kommt uns wieder in den Sinn, dass in der Côte d´Ivoire zur Zeit Unruhen herrschen. Gerade haben wir am Radio gehört, dass in Abidjan mehrere weisse Franzosen erschossen wurden.

Und so machen wir uns nach dieser unruhigen Nacht früh am Morgen auf zur Grenze. Vom malischen Grenzbeamten erfahren wir schliesslich, dass unsere Sorge vergangener Nacht umsonst war: Mit den Gewehrschüssen wurde traditionsgemäss das Ende des Ramadan gefeiert. Natürlich wurde auch die ganze Nacht hindurch gegessen und getrunken, was an den Grenzbeamten unschwer zu erkennen war…

Die Heimreise beginnt, wir ändern unsere Pläne und treffen unverhofft alte Bekannte

Wieder in Mali fahren wir auf (mehr oder weniger) guter Teerstrasse nach Bamako. Wir finden nach kurzem Suchen den Campingplatz von einem kanadischen Ehepaar. Die beiden sind schon in die Jahre gekommen - wir schätzen sie auf 70 Jahre - und so hat auch ihr Platz die Blütezeit schon überschritten. Die Dusche besteht aus einem Kanister und das WC hat auch kein fliessendes Wasser. Sämi muss besagtes in der Nacht aufsuchen. Zum Spülen stehen ein Wasserbehälter und ein Schöpfer bereit. Wie er den Schöpfer in die Hand nimmt, merkt er, dass es an seinem Arm kribbelt und krabbelt. Im Licht der Taschenlampe entdeckt er tausende von Kleinsttieren auf seiner Hand, es ist ein bisschen wie in Indiana Jones... Trotz allem geniessen wir die Ruhe, das viele Grün und verbringen einen Tag mit Waschen und Beine strecken. Dann geht es los, zum zweiten Mal mitten durch Bamako. Auch dieses Mal glückt es uns, unseren Landy ohne Beulen und Kratzer durch das Verkehrschaos zu lenken.

Unser nächstes Ziel ist der senegalesische Nationalpark Niokolo Koba, welchen wir nach zweitägiger Reise erreichen. Leider haben die Bestimmungen geändert und der Besuch ist nur noch mit einem Führer erlaubt - aus Sicherheitsgründen und ausserdem wolle man die jungen Männer aus den benachbarten Dörfern beschäftigen. Wir haben zwar Verständnis, dass so Arbeitsplätze geschaffen werden sollen. Allerdings wollen wir Tiere und Pflanzen für uns geniessen und Platz für eine Drittperson haben wir auch nicht. Auch können wir nicht ganz verstehen, was denn mit dem Führer sicherer werden kann. Im südlichen Afrika kann man schliesslich auch ohne durch die Parks kutschieren.

So beschliessen wir schweren Herzens auf den Parkbesuch zu verzichten. Wir sind sehr enttäuscht und merken auch, wie sich ein allgemeiner Frust breit macht: Wir sind in Gedanken zu Hause, bei einem guten Essen, im sauberen Bett, unter der Dusche, an der frischen Luft, ... Wenigstens haben wir wie schon in Mali viele Affen gesehen und sogar erstmals fotografieren können.

Was jetzt? Wir finden, wir könnten uns etwas Gutes tun. Wir falten die Karte auf und entscheiden uns spontan, nach Gambia zu fahren. Da wo sich die schönen und teils noch unberührten Strände befinden. Gesagt, getan brechen wir direkt vor dem Parkeingang auf und lassen einen verwirrten Parkwächter zurück. Vor uns liegt 540 Kilometer Fahrt.

Auf dem Weg zur Grenze lesen wir im Reiseführer nach, ob für Gambia etwas Spezielles zu beachten ist. Abgesehen von einer Meldung von Reisenden, welche den Grenzübergang als sehr unangenehm erlebt haben müssen, lesen wir nichts, was uns Sorge bereiten könnte.

Wir passieren die Grenze unproblematisch, werden dann aber kurz nach der Einreise in Gambia bei einem Check-Point der Polizei von einem Polizisten (!) beinahe ausgeraubt. So verlassen wir leicht genervt Basse um 15 Uhr und haben noch 370 km vor uns. Die Strasse beginnt gut, doch als wir an einem weiteren Check-Point unser Ziel bekannt geben, schüttelt der Polizist den Kopf und meint, dass wir das heute unmöglich schaffen würden. Im Anbetracht der bisher guten Strasse schlagen wir die Worte des netten Polizisten aus dem Kopf und fahren.

Für die Strecke durch das kleinste Land Afrikas benötigen wir schliesslich 10 Stunden! Die Strasse wird zunehmend schlecht. Wir hoppeln von Schlagloch zu Schlagloch, die Strasse - wenn man dem überhaupt Strasse sagen kann - ist die schlimmste, die wir auf unserer Reise bislang befahren haben. Über weite Strecken bahnt sich eine Piste neben der Strasse durch den Busch. Völlig auf dem Hund kommen wir um Mitternacht in der Nähe von Banjul auf dem Campingplatz eines Deutschen an. Wir essen noch ein paar Chips, trinken das wohlverdiente Bier und legen uns in unserer geliebten Zweizimmerwohnung ins Bett, wo wir sofort einschlafen.

Auf dem Sukuta Camping treffen wir auf die Autoschieber aus Deutschland, auf die beiden Käferfahrer, die wir in Mali getroffen haben (die haben die Fahrt mit ihrem 30 Jahre alten Käfer von Togo nach Gambia also tatsächlich geschafft!) und auf Werner, der seit Jahren unterwegs ist. Er reist mit einem alten Feuerwehrauto und hat schon fast jedes Land Afrikas bereist. Er erzählt uns seine abenteuerlichen Geschichten. Wir verspüren bei allen Bekanntschaften, die wir unterwegs gemacht haben, dieselbe Begeisterung für den Kontinent Afrika. Wer einmal hier war, kommt nie wieder oder eben immer wieder. Wir gehören, das können wir jetzt schon sagen, zur zweiten Gruppe. Das Afrikafieber hat uns erwischt (die Strapazen sind schnell vergessen, die schönen Momente hingegen bleiben).

Vor uns haben wir noch eine Woche in Gambia, wo wir vor allem Ferien machen, das heisst, im Meer baden, ausruhen, geniessen,…