Toubab

29. Januar 2012: Namibia – das grosse Ziel ist erreicht! …und das «wahre» Afrika verlassen…

In unbeschreiblich grosser Vorfreude verlassen wir das eigentlich sehr schöne und lohnenswerte Zambia in Richtung namibianischer Grenze. Wider Erwarten werden wir Zambia verlassen, ohne nur einmal von einer (unter Reisenden angeblich berüchtigten) Polizeikontrolle aufgehalten zu werden. Nur ein kleiner Zwischenfall verzögert den heutigen Länderwechsel um ein paar Minuten: Ausserhalb von Livingstone hält uns ein Herr in Leuchtweste und mit Quittungsblock fuchtelnd auf und will uns eine «Council Tax» in der Höhe von zehn USD abknüpfen.

- Wir sind Touristen: Müssen wir das wirklich bezahlen?

- Of course! Sonst würde man uns an der Grenze nicht ausreisen lassen.

- Wieso können wir das nicht gleich an der Grenze bezahlen?

- Das geht nur hier!

- Ach so. Und was ist mit dem Auto, das soeben am Kontrollposten vorbei geflitzt ist?

- Der fährt nicht über die Grenze.

- Woher wissen Sie das?

- Es gibt viele Lodges an dieser Strasse.

- OK, dann gehen wir halt auch nicht über die Grenze…

Jetzt weiss unser Gegenüber auch nicht mehr so richtig weiter und reagiert auch nicht, als wir entschlossen wieder einsteigen und den Motor starten. Auch der Uniformierte im Schatten regt sich nicht von seiner Stelle. Anscheinend müssen wir diese Taxe tatsächlich nicht entrichten resp. wir gehen schon fast davon aus, dass das ein fauler Trick war, uns Geld abzunehmen. Hat nicht geklappt. Wir sind doch schon ein Weilchen in Afrika unterwegs und lassen uns nicht mehr so schnell zur Kasse beten…

Wir investieren unsere verbleibenden sambischen Kwachas lieber in Holzkohle und laden nochmals einen grossen Sack aufs Heck. In Namibia wird es nämlich nicht mehr möglich sein, Kohle an der Strasse erwerben zu können.

Die sambischen Zollbeamten verabschieden uns mindestens so freundlich, wie sie uns vor einigen Tagen empfangen haben und wir verlassen Zambia mit einem weinenden und lachenden Auge.

Jetzt aber auf nach Namibia! An der Grenze hält uns der «Veterinary Check» auf und möchte alle frischen tierischen und pflanzlichen Produkte konfiszieren, um der immer mal wieder aufkommenden Maul- und Klauenseuche vorzubeugen. Wir wussten von dieser Kontrolle. Wir haben zum Glück zwei Kühlschränke und so zeigen wir einfach nur die Kühlbox in der Kabine vorne, worin wir nur Getränke und Schokolade aufbewahren. Milch, Joghurt, Eier und Fleisch sind im Kühlschrank im Wohnaufbau hinten versorgt. Erwartungsgemäss geben sich die Kontrolleure mit der Inspektion der einen Kühlbox zufrieden und wir müssen noch schnell die Schuhe desinfizieren, indem wir über eine chemiegetränkte Matte stapfen müssen und schon begrüsst uns der namibianische Zöllner: Welcome to Namibia! Nach fast sechsmonatiger Reise sind wir in Namibia und das fühlt sich verdammt gut an!

Obschon wir im schwarzen Norden des Landes einreisen, stellen wir fest, dass wir mit Namibia ein Land betreten, das annähernd europäischen Standard hat. Es gibt (lesbare) Informationsschilder, klare Informationen, sauber gefertigte und unversehrte Randsteine, solid gebaute Zollgebäude, schöne (farbige und nicht schief gedruckte) Einreiseformulare… In Katima Mulilo finden wir einen Campingplatz direkt am Sambesi und freuen uns über heisse Duschen und viel Druck auf der Leitung! Die «Dusche von oben» hingegen erfreut uns nicht besonders: Es regnet in Strömen!

 

30. – 31. Januar 2012: Caprivi’s Elefanten und Popa Falls

Der Dauerregen hält an. Also reisen wir nach kurzem Einkaufshalt in Katima Mulilo («kurz» ist zwar schwierig bei dem riesigen Sortiment!) durch den schmalen Caprivi-Streifen (eingebettet zwischen Angola und Botswana) weiter. Anhalten macht bei der Nässe nur Sinn, um schnell die Blase zu leeren oder von den Elefanten, die direkt an der Strasse auf Futtersuche sind, ein Foto zu schiessen.

Wir müssen kurz vor der Abzweigung zu den Popa Falls nochmals einen «Veterinary Check» über uns ergehen lassen. Damit haben wir nicht schon wieder gerechnet und in Windeseile muss ich die Einkäufe aus Katima Mulilo hinter meinem Sitz verschwinden lassen und die Kinder müssen ihre angeknabberten Äpfel noch schnell via Fenster entsorgen…

Bei den Popa Falls (Stromschnellen des Okavango River) machen wir halt – nicht aber der Regen. Der prasst noch bis in die Nacht auf uns herunter. Wieder einmal haben wir nichts dagegen, dass wir weder ein Zelt aufbauen noch draussen kochen müssen!

 

31. Januar – 3. Februar 2012: Rundu … und plötzlich hat man neue Freunde und geniesst ein Käsefondue!

In der Nacht hat der Regen nachgelassen und es ist sogar möglich, draussen zu frühstücken und die Popa Falls, die nun sehr viel Wasser führen, zu Fuss zu erkunden.

Da wir mit der Internet-SIM-Karte, die wir in Katima gekauft haben, nicht aufs Netz kommen, machen wir Halt in Rundu, wo sich ein freundlicher und kompetenter Berater im Mic-Shop unserem Problem annimmt und es gleich lösen kann. Wow! Wir sind wirklich in einem neuen Afrika gelandet! Wir decken uns nochmals kurz bei Shoprite mit dem Nötigsten ein und suchen nach einem Übernachtungsplatz in Rundu. Aber der angepeilte Platz gefällt uns nicht und wie wir beratend vor dem Lastwagen stehen, hält ein Auto an und ein dunkelhäutiger Mann spricht uns mit diesen Worten an: «Hallo Schwiiz! Aues klar?» Haben wir richtig gehört??? Der Herr und seine Beifahrerin (eine Bernerin) haben vor 10 Jahren die Schweiz verlassen und betreiben nun eine Lodge in Nordnamibia. Sie empfehlen uns, bei der direkt am Okavango River gelegenen Hakusemebe Lodge für einen Übernachtungsplatz anzuheuern. Nach kurzem Schwatz fahren wir also aus Rundu hinaus und versuchen zu besagter Lodge zu gelangen.

Aber der heftige Regen der letzten Tage hat das Land weitgehend überschwemmt, die Oshana (See während der Regenzeit) hat sich ausgedehnt und unsere Schildkröte muss sich den Weg durch Sumpf und Wasser bahnen. Irgendwann ist das Wasser doch recht tief und Sämi entscheidet sich, zu Fuss und mit hochgekrempelten Hosen die Tiefe der Oshana zu prüfen. Wie ich mit den Kids abwartend im Auto sitze, will ich die Zeit nutzen und beginne mit dem Lesen der neusten Mails, die wir eben in Rundu runtergeladen haben. Und da entdecke ich das Mail der Schweizer Familie Abt aus Rundu: Sie arbeiten da seit bald drei Jahren und wollen im Juli über die Ostroute zurück in die Schweiz fahren und würden uns gerne treffen. Sämi kehrt zurück – bis zur Hüfte hoch nass – und es ist sofort entschieden, dass wir sofort die Familie Abt anrufen wollen.

Und nur eine knappe Stunde später sind wir nach Rundu zurückgekehrt und sitzen im Garten der Familie Abt und Olivia und Gian spielen hoch vergnügt mit Noé und Maëlle… Eine weitere wertvolle Begegnung auf unserer Reise!!! Wir fühlen uns sehr wohl im Haus von Steffi und Michi Abt und ihren drei Kindern, es kommt uns fast so vor, als hätten wir alte Freunde wieder getroffen. Steffi offeriert uns, die Waschmaschine zu nutzen und dieses Angebot können wir nicht ausschlagen. Es ist das ERSTE MAL seit unserer Abreise, dass wir wieder einmal eine RICHTIGE Waschmaschine benutzen können! Was für ein Luxus! Die Wäsche, die zufrieden spielenden Kinder, aber auch der gemeinsame Reise-Konsens der Familien Abt und Jenni motivieren uns, zwei weitere Tage in Rundu zu bleiben. Zu unserer riesigen Freude gibt es an einem Abend ein Käsefondue, das Steffi und Michi für einen «besonderen Moment» im Gefrierfach aufbewahrt haben: Bei 26° C und Weisswein, den wir aus Tansania mitgeführt haben, geniessen wir eines der besonderen Nachtessen unserer Afrika-Reise.

Wir können Michi und Steffi mit Rat und Tat zur Transafrika-Ostroute zur Seite stehen und uns ein bisschen revanchieren für ihre Gastfreundschaft. Zudem können wir unsere Kinderlieder und –hörspiele-Audiothek austauschen und Maëlle lernt mit Gian’s Velo fahren!

 

3. - 4. Februar 2012 : Auge in Auge mit dem zahmsten Löwen Namibias und Diebstahl mitten im Etosha Nationalpark

Jetzt heisst es aber Abschied nehmen von Familie Abt und vom Kavango-Gebiet. Wir fahren bis Kalkfontein, und landen auf einer für Namibia typischen Farm. Dass jede Farm diverse Tiere (allerhand Antilopen, Straussen, Warzenschweine, Rinder, Schafe, Ziegen, etc.) hält, ist nichts Aussergewöhnliches. Aber auf Kalkfontein wird ein ganz besonderes Tier gehalten: Musafa – ein Löwenmännchen. Musafa gilt als der zahmste Löwe Namibias und wir haben die Chance, dem mächtigen Tier in die grünen Augen zu schauen (nur ein Maschendraht trennt uns von ihm) und ihn beim Fressen zu beobachten. Wer sich traut, fasst das Tier sogar an!

Musafa unterhält uns die ganze Nacht hindurch mit seinem Gebrüll (jetzt sind wir uns auch ganz sicher, dass wir damals in Uganda’s NP in unmittelbarer Nähe Löwengebrüll wahrgenommen haben, als wir unser Nachtlager einrichteten), dennoch verlassen wir gut erholt tags darauf die schöne Farm und machen uns auf nach Grootfontein. Hier wollen wir uns in der Metzgerei (zur Kalkfontein gehörend) mit gutem Fleisch eindecken. Das gelingt! Wir finden uns in einer Metzgerei wieder, die in Europa sein könnte: Es riecht gut, es hat schönes Fleisch und Wurstwaren zur Auswahl, es gibt nur einen markanten Unterschied: Der Preis. Für umgerechnet 15 Euro kaufen wir 1 kg Rindsfilet!!!

Nach einem kurzen und durchaus lohnenswerten Abstecher zum Hoba-Meteoriten, welcher vor rund 80'000 Jahren aus dem Weltall niedergegangen sein soll, fahren wir via Tsumeb zum Ost-Eingang des Etosha Nationalparks. Eigentlich war geplant, dass wir vor dem Parkeingang auf einer Lodge die Nacht verbringen würden, um am nächsten Morgen früh in den Park aufbrechen zu können. Aber der horrend teure Preis lässt uns umdisponieren und so entern wir die Etosha sogleich – wir sind ja sehr spontane Reiseleute geworden!

Die Etosha ist immer wieder ein Erlebnis! Die riesige Salzpfanne im Norden, welche von diversen Tieren belebt ist, bildet ein touristisches Highlight Namibias. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass ich schon zum fünften und Sämi zum dritten Mal hier sind. Es ist zwar Regenzeit und wir werden wenige Tiere sehen, dafür ist alles sehr grün und es gibt die schönsten wetterbedingten Stimmungen über der Salzpfanne zu erleben. Höchstwahrscheinlich kehren wir in einigen Wochen nochmals nach Namibia zurück und dann werden wir uns die Etosha nochmals anschauen – in einem anderen «Kleid».

Im Namutoni-Camp machen wir Halt über Nacht und während ich mit den Kindern am Wasserloch ein Nashorn beobachten kann und die beiden anschliessend und mit einem Teller Hörnli gesättigt und zufrieden ins Bett bringe, grilliert Sämi die Hälfte des Rindsfilets aus Grootfontein. Das Filet ist perfekt («ein Gedicht», wie Sämi feststellt) und damit wir schneller essen können, will er mich noch unterstützen beim Kinder ins Bett bringen. Das wird sich gleich als grosser Fehler erweisen: Ein dreister Fuchs holt in dieser kurzen Zeit das Fleisch aus der Alufolie über der Glut und weg ist das zarte Stück Fleisch! Nach dem grossen Frust aber wähnen wir uns im Glück im Unglück: Wir haben ja noch die zweite Filet-Hälfte im Kühlschrank. Und so folgt Grillieren Teil 2, um 22 Uhr können wir endlich essen, die Kartoffeln sind zum Glück noch nicht vertrocknet in der Glut. Der freche Fuchs kam zwar noch mit einem Kollegen daher und startete einige Versuche, direkt neben uns nochmals den Wanst voll zu schlagen. Aber nicht mit uns!

 

5. Februar 2012: Auf Tiersuche in der Etosha… und wer traut sich, Geparden zu füttern?

Einigermassen früh ziehen wir am nächsten Morgen los und kurven durch die Etosha, nach Tieren Ausschau haltend. Wer zuerst eine Wildkatze, einen Elefanten oder ein Nashorn entdeckt, darf den Znacht wünschen – so unser bereits traditionell gewordenes Suchspiel. Antilopen, Giraffen, Zebras und Strausse sehen wir zu Genüge. Aber die anderen Tiere halten sich gut versteckt. Nur ein Nashorn und eine Tüpfel-Hyäne, die wir beim Baden stören, lassen sich entdecken. Aber immerhin! Es ist Regenzeit und wir durften nicht viel mehr erwarten. Hoffen wir auf mehr Erfolg, wenn wir wieder kommen!

Wildkatzen lassen sich für einmal keine blicken in der Etosha. In der Nähe des Anderson Gate suchen wir nach einem Nachtlager und werden auf der Eldorado Farm fündig. Der freundliche Besitzer lädt uns ein, bei der Fütterung seiner drei Geparden mit dabei zu sein. Es kommt sogar noch besser: Wir dürfen selber die hungrigen Raubkatzen füttern! Es sei denn, man traut sich… Olivia macht das hervorragend und ohne Ängste, während Gian sich vom Fauchen und Knurren der Tiere einschüchtern lässt. Abgesehen vom Füttern geniessen wir den Anblick dieser prächtigen Tiere aus nächster Nähe.

 

6. Februar 2012: Next Stop Otjiwarongo – herzliches Wiedersehen mit alten Bekannten…

Ganz afrikanisch - ohne Voranmeldung – fahren wir an diesem 6. Februar nach Otjiwarongo und stehen, nach erfolgreichem Durchfragen im Städtchen, mit etwas Herzklopfen in der Brust vor dem Haus von Hans Leu. Hans ist der Mann, dem ich meine erste Beziehung zu Afrika zu verdanken habe. Vor 17 Jahren reiste ich für ein halbes Jahr zu ihm in den schwarzen Norden Namibia’s, wo er auf einer Missionsstation tätig war und durfte da u.a. auf einer Musikschule Hand anlegen und so erste wertvolle Afrika-Erfahrungen sammeln. Dreimal zog es mich anschliessend nochmals nach Namibia zurück, letztmals im Jahre 2000 in Begleitung von Sämi.

Das Wiedersehen mit Hans und Monica, seiner treuen Übersetzerin und Haushälterin ist uns eine grosse Freude! Selbstverständlich heisst man uns willkommen und Monica kocht uns ein feines Nachtessen mit Oryx-Schnitzel. Sämi und ich geniessen tiefgründig-kritisch-philosophische Gespräche mit Hans, während sich Olivia und Gian mit Ailly, der 4-einhalbjährigen Tochter von Monica, vergnügen. Eine weitere besondere Begegnung auf unserer Transafrika-Reise ist ab sofort Bestandteil unseres Tagebuches!

 

7. Februar 2012: Auch in Namibia ist nicht alles Gold, was glänzt…

Wir verlassen unsere grosszügigen Gastgeber im Wissen, dass wir in ein paar Wochen mit grösster Wahrscheinlichkeit wieder kommen werden. Das macht den Abschied leichter!

Da mich seit einigen Tagen unangenehm starke Rückenschmerzen plagen, schlage ich vor, dass wir zu den heissen Thermalquellen «Gross Barmen» fahren. Aber leider weist uns kurz nach Okahandja ein Schild darauf hin, dass das Bad und der zugehörige Campingplatz infolge Renovationsarbeiten geschlossen sind. Jenu! Aus dem wohltuenden heissen Bad wird leider nichts. Dann fahren wir halt 50 km weiter bis nach Windhoek und gehen ins «Urbancamp», worauf wir mittels Flyer zufällig aufmerksam gemacht wurden. Der Flyer sieht vielversprechend aus: Zentrale Lage mitten in Windhoek, moderne Einrichtungen, Pool, WiFi, ... Entlang der Strasse finden wir aber kein einziges und das macht uns doch etwas stutzig. Bald bewahrheitet sich, was wir befürchtet haben: Das «Urbancamp» ist so neu, dass es noch gar nicht gebaut ist! Bis auf das umzäunte Gelände und ein paar Pflastersteine ist noch gar nichts von einem Camp zu sehen. Ein Schild am Eingangstor verrät «Urbancamp - opening as soon as finished». Hauptsache die Flyer sind schon gedruckt und im ganzen Land verteilt. Toll! Und jetzt???

Wieder einmal geht ein Tag überhaupt nicht so zu Ende, wie wir es uns gedacht haben. Wir müssen uns nach einer dritten Alternative für heute Nacht umschauen und landen schliesslich 6 km südlich der Stadt auf dem Gelände der Arebbusch Lodge, eingepfercht zwischen Hauptstrasse und Flughafen. Jetzt fehlt nur noch, dass sich die schwarzen Wolken über uns entleeren… Aber Petrus scheint sich unser zu erbarmen und wir können draussen zu Abend essen. Heisse und äusserst saubere Duschen rücken die Arebbusch Lodge doch noch in ein besseres Licht, als anfänglich wahrgenommen. Dennoch kommt die heisse Dusche natürlich nicht ans Thermalbad ran. Mein Rücken muss sich weiter auf eine (ähnliche) Wohltat gedulden…

 

8. Februar 2012: Ein besonderer Tag in Windhoek!

Der 8. Februar ist ein besonderes Datum – und das in doppelter Hinsicht: Exakt heute vor 6 Monaten haben wir unserer Transafrika-Reise begonnen und Wülflingen in Richtung Tomils verlassen und genau vor 17 Jahren bin ich hier in Windhoek gelandet und habe mich auf mein erstes Afrika-Abenteuer eingelassen. Jetzt gehe ich 17 Jahre später und in Begleitung meiner Familie wieder durch die Strassen von Namibia’s Hauptstadt und rufe meine Erinnerungen wach. Das ist ein besonderes Gefühl!

In der grossen Shopping Mall Windhoeks schauen wir uns satt und bekommen die aktuellen Modetrends Südafrikas mit. Ein Glacé, ein feiner Espresso aus einer Jura-Maschine und ein paar kleinere Einkäufe dürfen natürlich auch nicht fehlen. Hier gibt es fast alles, was das Herz begehrt! Einzig der Kauf von Kinderschuhen gestaltet sich als schwierig. Olivia und Gian brauchen neue Turnschuhe. Für Gian werden wir zufällig fündig: Im Ausverkauf kriegen wir für knapp 18 Euro ein paar Reebok-Turnschuhe. Mit Stolz auf seine neuen Schuhe schlendert unser jüngstes Familienmitglied durch die Strassen Windhoeks und würde am liebsten damit ins Bett gehen.

Mit dem Paperbox-Backpacker’s haben wir einen zwar engen aber dafür zentral gelegenen Platz gefunden. Zudem können wir hier von WiFi profitieren und unsere Hoffnung, dieser Tage via Skype mit der Schweiz in Kontakt zu treten, ist wieder gestiegen.

 

9. Februar 2012: Windhoek – Kreditkartenbetrug!

Ausgerechnet in einem europäisch anmutenden Café in der Windhoeker Fussgängerzone muss es passiert sein: Jemand hat sich den Daten unserer Kreditkarte bemächtigt und anschliessend am Bankomaten versucht, Geld abzuheben. Zum Glück kann aber unser Pin-Code nicht geknackt werden bevor das Sicherheitssystem aktiv wird und unsere Karte sperrt, was wir nach wiederholten erfolglosen Einkaufsversuchen und einem (teuren!) Anruf in die Schweiz feststellen.

Jenu! Bis auf den kurzen Ärger sind wir schadlos davon gekommen und eine Ersatzkarte wartet im Auto-Tresor auf ihren Einsatz.

Eigentlich wollten wir in Windhoek erste Abklärungen treffen, wie und ob wir unsere Reise teilweise mit dem Schiff fortsetzen können. Aber wir entscheiden uns, am Meer darüber nachzudenken – Sämi freut sich doch so fest auf die Swakopmunder Austern!

 

10. -11. Februar 2012: Windhoek – Swakopmund, durch die Wüste an den Atlantik

Über die C 28 – eine perfekt geschobene Piste – ziehen wir westwärts. Namibia zeigt sich einmal mehr von seiner schönsten Seite! Und bei den einwandfreien Strassenverhältnissen macht sogar das Pistenfahren so richtig Freude (das war bislang noch nie so richtig der Fall!) und auch unser Fahrer kann die Fahrt durch Busch und über Hügel so richtig geniessen. Namibia ist sehr dünn besiedelt. Kaum haben wir die Hauptstadt hinter uns gelassen, sind wir im für Nambia so typischen Farmland und begegnen kaum einer Menschenseele. Für uns Reisende ist es schade, dass alles, aber wirklich alles eingezäunt ist. Das macht ein Anhalten abseits der Strasse resp. ein Buschcamp praktisch unmöglich. Dabei wäre da ja sooo viel Platz! Namibia ist riesig – ca. fünfmal die Fläche von Grossbritannien. Uns nimmt ja Wunder, wie viele Tonnen Draht durch dieses Land gespannt wurden! Das müssen viele sein… Trotz Farmland gibt es Wild zu sehen: Zebras, Gnus und allerhand Antilopen besiedeln die Buschlandschaft zwischen Windhoek und dem Namib Naukluft Park, wo der Busch von der Wüste abgelöst wird, je westlicher man fährt. Aber bevor wir wieder in Wüstengebiete eintauchen, machen wir einen idyllischen Nachthalt auf dem grosszügigen Gelände der Farm Niedersachsen, die wir über einen (absolut lohnenswerten) Umweg erreichen.

Nach der Sahara kommen wir nun also wieder in eine aride Zone – in die Namib- Wüste - ein spezielles Gefühl! Und noch etwas Besonderes erwartet uns heute: Der Atlantik! Wir sind vom Indischen Ozean zum Atlantik gereist und haben dabei den Kontinent von Ost nach West durchquert. In Swakopmund angekommen, steuern wir sofort das Meer an und lassen die kühle Atlantik-Brise um die Ohren wehen und geniessen den Anblick dieses wilden Meeres!

 

12. – 15. Februar 2012: Swakopmund

Das mehrheitlich deutschsprachige Städtchen Swakopmund ist einfach speziell, ein Besuch lohnt sich immer wieder – verbunden mit einem Restaurant-Ausflug, wo wir in den Genuss von deutscher Kost (Schnitzel, Spargel, Wurst und Kraut, …), aber auch von Sämi’s so geliebten Austern kommen.

Zu unserem Erstaunen reist die halbe Schweiz in Namibia rum – so kommt es uns zumindest vor. Wir treffen auf allerhand Schweizer Reisende und werden mit unserer ZH Autonummer natürlich angesprochen und so ergeben sich sehr schnell nette Begegnungen mit überaus interessanten Landsleuten, die über kurz oder lang hier Ferien machen oder nach Südafrika ausgewandert sind. Ja, die Schweiz ist gut vertreten im südlichen Afrika!

Wir verlassen Swakopmund Richtung Süden erst, nachdem die Schildkröte zwecks Bremsen-Reparatur einen Tag in der Garage verbracht hat. Das Städtchen ist nicht der schlechteste Ort, um die Zeit totzuschlagen. Es gibt viele Läden, wo wir rumstöbern und uns da und dort eine Kleinigkeit leisten…!

 

16. – 27. Februar 2012: Unterwegs in Namibia’s Süden…

Mit reparierten Bremsen jagen wir unsere Schildkröte über die Teerstrasse dem Atlantik entlang nach Walvis Bay. Walvis Bay lebt hauptsächlich von der Fischerei und der Salzgewinnung – vor allem das Erste ist unüberseh- resp. «unüberrriechbar» um es treffender auszudrücken. Ein penetranter Fischgeruch empfängt einem am Stadtrand und so ist schnell entschieden, dass wir den Mittagshalt ausserhalb bei der Düne 7 einlegen werden. Von Schinkensandwich gestärkt machen wir uns auf zur Besteigung der Sanddüne. Wir entscheiden uns für den Aufstieg über den Dünengrat – nicht so steil, dafür mehr Weg. Aber schon nach wenigen Metern müssen wir aufgeben, weil der Sand schlichtweg zu heiss ist. Wir verbrennen uns fast die Füsse und müssen zugeben, dass es fahrlässig ist, mit Flipflops auf diese Wanderschaft zu gehen. Mit besserem Schuhwerk ausgestattet wagen wir einen zweiten Versuch und nehmen den direkten aber sehr steilen Aufstieg in Angriff: Am Steilhang ist der Sand nicht heiss und so gelingt das Erklimmen letztlich doch noch barfuss. Die Anstrengung wird mit einer schönen Aussicht über das Sandmeer bis zum Atlantik und schliesslich mit einer Rutschpartie belohnt.

Die Fahrt durch den Namib Naukluft Park ist ein imposantes Erlebnis – auch zwölf Jahre nach unserem letzten Besuch. Spätestens eine Reise durch die Namib-Wüste beweist, dass Sand nicht einfach braun ist, sondern von weiss bis rot in allen möglichen Farbtönen existiert. Dank der Regenzeit kommen noch grüne Farbtupfer dazu, die zusammen mit dem stahlblauen Himmel das Farbspektakel perfekt machen.

Kurze und gemütliche Etappen (es ist schon ein Luxus, so viel Zeit zu haben!) führen uns während einer Woche durch die Namib – mit Zwischenhalt in Solitaire (ein Roadhouse mit hervorragender Hausbäckerei!!!), Hauchab Fontein (eine Farm mit liebevoll angelegten Stellplätzen direkt an den natürlichen Pools des Hauchab River – hier bereiten wir unseren Braai und das Brot auf der hervorragenden Glut von Ebenholz zu), Sesriem (Eingang zum Sossusvlei Park mit den höchsten Dünen der Namib und den zweithöchsten der Welt), Helmeringhausen und Lüderitz am Atlantik, wo wir v.a. die Diamanten-Geisterstadt Kolmanskoppe im Visier haben.

In Lüderitz wird ein erneuter Aufenthalt in der Auto-Werkstatt notwendig, weil die Schildkröte seit zwei Tagen unkontrolliert den Motor abstellt – eine unangenehme Sache, die unseren Driver zum Ausrufen bringt. Ein Kabelzug ist gerissen, und die Panne ist schnell behoben. Zudem gibt die Schildkröte verbrannte Ölgerüche von sich, seit sie sich durch die tiefsandigen Namib-Pisten quälen musste. Sie scheint dabei reichlich Öl in den Sand gesetzt zu haben und ihr Durst muss an der nächst besten Tankstelle gestillt werden (wer von euch Lesern schon in Namibia war, weiss, dass die «nächst beste» Tankstelle nicht gleich nach 20 km erreicht ist, u.U. auch noch nicht nach 200 km).

Nun, die Schildkröte ist nach kurzen Eingriffen wieder im Schuss und wir sind glücklich darüber. Wir merken wieder einmal, wie relevant und wichtig unser «rollendes Zuhause» ist und dass es einfach nicht selbstverständlich ist, wenn die Karre läuft und läuft ohne zu «meckern».

Auch wenn der Wind im kleinen und sehr speziellen Städtchen Lüderitz (es erinnert uns ein bisschen an die Nordsee oder an die kanadische Pazifikküste) nicht jedermanns Sache ist (in unserer Familie vertragen die Männer den Wind ganz und gar nicht), legen wir einen Reisepausetag ein und fahren zum Point Diaz, wo wir versuchen nachzuvollziehen, wie im Jahre 1488 Bartolomeo Diaz an diesem Punkt gelandet ist und fürs Erste glaubte (resp. hoffte), endlich die Südspitze Afrikas erreicht zu haben. Im Windschatten geschützt und picknickend beobachten wir, wie der Atlantik gegen die Felsen peitscht und wie die zahlreichen Robben über Felsenrutschen ins wilde Meer sausen und nach kurzer Zeit mit gefülltem Magen die rauhen Felsen empor klettern – ein tolles Schauspiel!!

Jetzt heisst es wieder Abschied nehmen vom Meer und via südliche Namib-Wüste bis zur südafrikanischen Grenze zu gelangen. Aber nicht, bevor wir uns Kolmanskoppe, eine regelrechte Geisterstadt in der wüsten Landschaft 15 km vor Lüderitz, angeschaut haben. Die seit den Fünfzigern verlassenen Gebäude dieser einstigen Siedlung von Diamantenminenarbeitern sind teilweise von den Sanddünen verschluckt worden und haben unter Wind und Hitze Schaden genommen. Dennoch darf der Besucher überall rein und rauf klettern, wo es ihm beliebt. Das Direktorenhaus gefällt uns besonders und wir stellen uns vor, dieses riesige und noch gut erhaltene Haus unser Eigen zu nennen und richten es im Kopf mit unseren Möbeln ein. So ein Haus sollte man haben! Nur die Umgebung wäre etwas gewöhnungsbedürftig. Lassen wir es lieber bleiben…

Wir fahren südwärts weiter und erreichen die abgelegene Zink-Minenstadt Rosh Pinah im Südwesten Namibias, wo wir zu unserem Erstaunen zwei grosse Supermärkte antreffen. In einem einsamen Seitental finden wir die Namuskluft-Farm, wo wir campieren können. Der schöne Platz hier lädt zum Verweilen ein und da Sämi nun endlich die Mechanik des Fahrertürfensters (welche heute endgültig den Geist aufgegeben hat) reparieren und den Wasserfilter ausbauen und reinigen muss, ist sofort klar, dass wir hier zwei Tage bleiben werden. Während Sämi alleine werkelt, mache ich eine kleine Wanderung mit Olivia und Gian auf den nahe gelegenen Hügel, wo wir mit einer schönen Aussicht über die karge Landschaft belohnt werden.

Man soll die Feste feiern, wie sie fallen. Diesem Motto getreu bereiten wir auf der abgelegenen Namuskluft-Farm ein besonderes Nachtessen zu: Es gibt Schweizer Cervelats, die wir während der über 6 Monate und bald 30'000 km langen Reise eigens im Gefrierfach von der Heimat mitgeführt und erfolgreich über die Veterinärgrenzen geschmuggelt haben. Ich habe mir damals beim Kauf der Würste im Coop einen feinen und speziellen Znacht irgendwo in Namibia vorgestellt – und nun ist dieser Moment also gekommen. Sämi grilliert die Würste meisterhaft und bei schönster Abendstimmung und warmen Temperaturen geniessen wir am 24. Februar 2012 Cervelat mit Polenta und Salat und auch der Metzgersenf (aus der Metzgerei Schäuble in Andelfingen) fehlt nicht! Einfach herrlich!!!

Der heisse und trockene Süden Namibias hat noch ein anderes Natur-Schauspiel zu bieten, das wir bestaunen möchten: Den Fishriver Canyon, der hinter dem Grand Canyon zweitgrösste Canyon der Welt. Wir fahren mit unserer Schildkröte direkt bis zum Felsabbruch des gigantischen Flusstales und sind tief beeindruckt von der Grösse dieses Naturwunders (der Canyon ist 160 km lang, 26 km breit und bis 550 m tief). Wie kleine Ameisen stehen wir am Abgrund dieser immensen Schlucht und staunen über die Wucht der Natur - das heisst, den Grossen unter uns geht es so. Unsere Kleinen sehen den Unterschied zur Viamala-Schlucht irgendwie nicht… wohl eine Frage des Alters… Aber solange es Steine zum Klettern resp. Werfen über den Abgrund gibt, ist die Kinderwelt natürlich mehr als in Ordnung.

Es ist extrem heiss im Süden Namibias (über 40° C) und es bleibt uns eigentlich gar nicht viel anderes übrig, als weiter südwärts zu fahren und so die Mittagshitze in der vom Fahrtwind einigermassen angenehm klimatisierten Kabine der Schildkröte zu verbringen. Zu unserem Erstaunen finden wir kurz vor der Grenze zu Südafrika das wunderschön und direkt am Oranje River gelegene Camp Felix Unité mit saftig-dickem Rasen, Bäumen und einem riesigen Pool. Genau das brauchen wir nach ein paar Hitzetagen in der Wüste! Wir werden hier nochmals einen gemütlichen Ferien- resp. Fast-Nichtstun-Tag einlegen und dann nach Südafrika fahren – dem südlichsten Land unserer Reise. Wir freuen uns vorerst auf Cape Town und die Kapregion und mögen es kaum erwarten, schon bald am Kap der guten Hoffnung zu stehen…

Aber mit Namibia haben wir noch nicht abgeschlossen. Wir wollen in ein paar Wochen via Botswana nochmals in dieses tolle Land zurückkehren.

 

 

 

27. Feb. 2012 / Noordoewer / Namibia: Letzter Tag in Namibia, wir campen direkt am Oranje. Bei Tagestemperaturen von über 40° C verbringen wir die Zeit im Schatten oder im Pool. Das Leben ist herrlich!