Toubab

10. Oktober 2011: Mit der gefürchteten Fähre über den Nassersee

Jetzt steht uns ein harter Brocken unserer Reise bevor: Die Fähre von Aswan (Ägypten) über den Nassersee nach Wadi Halfa (Sudan). Schon seit Langem schauen wir dieser ersten grösseren Herausforderung unserer Reise mit Grauen entgegen. Wir haben so viel Negatives über dieses heillos überfüllte und völlig heruntergekommene und schmutzige Schiff und das Ganze drum herum (Reservation, Ticket kaufen, separates Verschiffen des Fahrzeuges, Ausreise aus Ägypten, Einreise in den Sudan) gehört, da können wir nicht anders als angespannt dieses Abenteuer in Angriff nehmen.

Beginnen tut alles am Samstag, 8. Oktober, als wir zum dritten Mal bei Mr. Salah im Ticketoffice des Fährschiffunternehmens in Aswan vortraben. Wenigstens hat er unsere Reservation nicht vergessen und unsere Schildkröte soll also einen Platz auf der separat über den See verkehrenden Barke bekommen. Unsere «Deutschen Kollegen» (4-köpfige Familie mit MAN) hat das Nachsehen und muss sich aufs nächste Schiff in einer Woche gedulden. Stolze 5000 ägyptische Pfund (600 Euro) nimmt man uns für die Fahrzeugverschiffung ab! Und dann muss plötzlich alles schnell gehen: Das Auto soll noch heute (also zwei Tage vor Abfahrt der Personenfähre) aufs Schiff. Mr. Salah schickt uns auf einen Postenlauf durch ganz Aswan. Wir hätten noch zwei Stunden Zeit, um zuerst beim Traffic Court bestätigen zu lassen, dass wir in Ägypten kein Verkehrsdelikt begangen haben, und dann bei der Traffic Police Sämi’s ägyptischen Führerschein abzugeben und anschliessend mit einem Polizisten zum Hafen zu fahren, wo wir das ägyptische Nummernschild wieder abgeben und die ganzen Zollformalitäten erledigen müssen, bevor das Fahrzeug auf die Barke gefahren werden kann.

Das wird ein anstrengender Marathon von Stelle zu Stelle und Olivia und Gian müssen sich einmal mehr mit Spielen in der Führerkabine abfinden. Aber sie machen das sehr gut und zeigen viel Geduld – trotz Hitze! Nach längerem Warten am Hafen plagt sie plötzlich der Heisshunger. Ausser Brot ist nicht mehr viel vorhanden. Doch: Im Kühlschrank hat’s ja noch Schweizer Schoggi. Mit Hochgenuss wird eine 200g-Tafel Nussschokolade verteilt und verzehrt. Und dann ist es soweit: Wir müssen uns von unserer treuen Schildkröte verabschieden. Sie wird den Hafen vor unserer Fähre verlassen, wir werden sie erst im Sudan wieder sehen. Es tut ein bisschen weh, dass wir für mindestens drei Nächte auf unser Zuhause verzichten müssen und noch schlimmer: uns von unserem Dach über dem Kopf und ganzen Hab und Gut trennen müssen.

Am Hafen muss dann noch das Ticket gekauft werden, in Mr. Salahs Büro konnten wir nur die Reservation machen. Sämi wird vom Polizisten durch das Hafengelände geführt. Es geht ein heruntergekommenes Treppenhaus hoch, in ein Büro, in welchem zwei Typen gelangweilt herumhangen. Doch, das sei schon richtig hier, meinen sie. Das Ticket kostet 5012 Pfund. Sämi legt Noten im Wert von 5020 Pfund hin und wartet auf das Rückgeld. Leider hätten sie kein Kleingeld. Dann sollen sie eben welches holen. Der eine rückt dann tatsächlich aus und kommt mit einer 5-Pfundnote zurück. Dann fehlen ja noch drei Pfund. Die beiden werden laut. Was Sämi bloss für ein Theater mache wegen drei Pfund. Doch, die drei Pfund wollen wir. So kommt dann nochmals 2.5 Pfund zurück, dann platz Sämi der Kragen. Schämen sollen sie sich, Halunken seien sie, wenn es ihr Geld wäre, würden sie auch auf den korrekten Betrag bestehen und sowieso, die ganze Sache sei mafiös, das Schiff wäre nicht nötig, es gäbe doch eine Strasse und die Truppe verdiene sich unanständig eine goldene Nase… Der Nutzen des Ausrufens ist klein, aber gut hat es trotzdem getan!

Das Verladen geht afrikanisch-chaotisch von sich. Zuerst soll ein Sattelschlepper auf die Barke. Wir fragen uns, wie das im Anbetracht des spärlichen Platzangebotes gehen soll, zumal der Fahrer rückwärts auffahren will. Nach langem Hin und Her wird diese Variante aufgegeben. Da alle anderen zu verladenden Fahrzeuge bereits nach unten gedrängt sind, müssen alle wieder die Rampe zurückfahren, damit der Sattelschlepper wenden kann. Mit viel Gehupe, Winken, Diskutieren und Lamentieren gelingt das Vorhaben allerdings. Der Sattelschlepper fährt mit viel Anlauf vorwärts auf den Ponton. Dann fahren die Pickups neben den LKW, so dass nur noch eine Handbreit Platz dazwischen ist. Wir fragen uns allmählich, ob wir am Ende auch noch Platz finden, schliesslich ist unsere Schildkröte nicht gerade ein Kleinfahrzeug. Sämi benimmt sich dann auch afrikanisch, drängt sich auf den Ponton und sichert sich den Platz. Als Sämi rückwärts die steile Rampe hochfährt, winken und rufen diverse «Helfer» und zeigen alle in eine andere Richtung. Sämi verlässt sich auf die Spiegel und die Rückfahrkamera, stellt die Schildkröte auf anhieb präzis an die richtige Stelle und erntet dabei anerkennende Blicke. Obwohl, so meint der Lademeister ermahnend, hätte Sämi besser auf seine Handzeichen geachtet. Viel Platz bleibt nicht mehr und trotzdem sollen noch ein Pickup und ein Lieferwagen verladen werden. Zuerst der Pickup. Damit auch noch der Lieferwagen Platz hat, müssen alle Fahrer anpacken und das Fahrzeug seitlich anheben und verschieben. Dann kommt der Lieferwagen (übrigens nagelneu!) an die Reihe: Mit Anlauf fährt er die Rampe hoch, verpasst die Auffahrt und setzt auf der Lenkstange auf. Ohne zu schauen legt der Fahrer den Rückwärtsgang ein und dreht am Lenkrad. Mit lautem Gezische entweicht die Luft aus dem Reifen. Niemand regt sich auf, die Crew meint, man richte es dann in Wadi Halfa…

Schön, dass uns Mohamed, unser nubischer Freund aus Aswan, am Hafen abholt und mit kühler Cola und Snacks eindeckt. Er ist einfach ein feiner Kerl! Er bringt uns zuerst in seine Wohnung in der Stadt, wo wir die nächsten zwei Nächte verbringen dürfen. Mit Stolz präsentiert er uns seine Einrichtung, sehr westlich, nicht sehr nubisch. Die Kinder fühlen sich auf anhieb wohl und rasen durch die Wohnung (aber nur solange, bis sie Mohamed’s TV mit arabischen Trickfilmen entdeckt haben…).

Am nächsten Tag müssen wir nochmals zu Mr. Salah um die Passagier-Tickets zu kaufen (das ging eben nicht gleich in Einem… ägyptische Bürokratie!) Anschliessend gönnen wir uns ein paar Stunden Abkühlung an einem Hotelpool – wohlwissend, dass uns das erfrischende Nass für lange Zeit verwehrt bleiben wird. Mohamed bringt uns gegen Abend in sein nubisches Dorf und macht uns mit seiner Familie bekannt. Olivia und Gian spielen schon bald mit den Kindern von Mohameds Geschwistern im Innenhof des nubischen Lehmhauses, während wir zum Tee geladen sind. Mohamed fährt uns mit seinem klimatisierten Auto auf die Hügel über Aswan, von wo wir die schönste Aussicht auf die Stadt und den Nil geniessen können – bei Sonnenuntergang notabene! Dann lässt er uns die angeblich besten Falafel der Stadt kosten – in einer Beiz in einem verkommenen Quartier, wo wir ohne ihn nie und nimmer hingefunden hätten. Und die Falafel sind wirklich sehr, sehr fein! Am Montag, 10. Oktober geht’s nach einem letzten Besuch im schönen Suk von Aswan (wir müssen uns noch mit frischem Proviant eindecken) zum Hafen und es heisst nun definitiv von Mohamed Abschied zu nehmen. Das fällt uns nicht leicht! Wir haben in ihm einen liebenswürdigen, selbstlosen und ehrlichen Freund gefunden. Da er kein Geld für seine vielen Dienstleistungen annehmen will, schenken wir ihm ein Hemd und ein Poloshirt, die wir in einem Geschäft in der Stadt gekauft haben und ein Schweizer Sackmesser, worüber er sich sichtlich freut. Irgendwie wollen wir uns einfach erkenntlich zeigen.

Nach getanen Ausreiseformalitäten dürfen wir zur Fähre. Und jetzt stellt sich die Frage, wie wir auf diesen Kahn gelangen, ohne niedergetrampelt oder zerdrückt zu werden. Es herrscht ein riesen Chaos, ein riesen Lärm (alles brüllt durcheinander, schubst und zwängt) und mitten drin steht die Familie Jenni und versucht sich einen Weg durch die Unmenge von energischen Männern und Gepäckstücken zu bahnen, um schliesslich aufs Schiff und da aufs Oberdeck zu gelangen, wo wir unsere Kabine beziehen können. Irgendwie schaffen wir das ohne gebrochenen Zehen und ohne erdrückte Kinder.

Die Kabine ist zwar erwartungsgemäss klein, abgenutzt und schmuddelig, aber wenigstens haben wir hier vier Quadratmeter Privatsphäre, wofür wir im ersten Moment sehr dankbar sind. Und dennoch: Hier drin (es hat nicht einmal ein Fenster!!!) werden wir keine 24 Stunden ausharren. Aber wohin? Auf dem Deck ist es sehr heiss und voller Leute. Im Aufenthalts- und Essraum (der dringend einer Auffrischung und Reinigung bedarf!) finden wir in einer Ecke einen freien Tisch und machen uns da breit. Hier werden wir lange Stunden mit Zeichnen, Lesen und Warten verbringen, bis das Schiff endlich ablegen wird. Es ist absolut erstaunlich und höchst lobenswert, wie lieb und geduldig Olivia und Gian den ganzen Nachmittag da sitzen und ihre Zeit mit Zeichnen und Malen verbringen, ohne sich zu beklagen, es sei langweilig o.ä. Und sie lassen sich von zig Leuten immer dieselbe Frage «What’s your name?» stellen und geben brav Antwort, geben auf Wunsch die Hand und lassen sich über den Kopf und die Wange streicheln ohne sich zu nerven. Fantastisch! Also unsereins müsste nicht jeder Dahergelaufene an Haar und Wange anfassen. Schon gar nicht, wenn es noch so stickig heiss und dementsprechend klebrig und schweissig zu und her geht!

Nun, die Fähre wird also tatsächlich zu einem Abenteuer unserer Reise, das auf der Liste der «Lowlights» eine der obersten Positionen belegen wird. Zum Glück hat Sämi in Aswan noch den neuesten Giacobbo-Müller-Podcast heruntergeladen und so gönnen wir uns noch etwas Gutes, bevor wir uns ins Bett wagen. Wir überstehen die Nacht in der Kabine (jeweils zu zweit in einem völlig durchgehangenen und schmutzigen Kajüten-Bett) mehr schlecht als recht und ausser die leider genau jetzt von Durchfall geplagte Olivia verzichten wir so gut es geht auf den Toilettengang, weil die WC’s übler als übel sind. Zum ersten Mal überkommt uns ein Heimwehgefühl. Das liegt aber mitunter auch daran, dass wir auf unser «Zuhause» verzichten müssen.

Am Morgen sichern wir uns auf dem Oberdeck einen Standplatz und geniessen doch noch ein bisschen Schiffahrt und freuen uns, die berühmten Tempel von Abu Simbel im Vorbeifahren zu sehen. Als es heiss und heisser wird, dürfen Olivia und Gian auf der Brücke auf dem Bänkli Platz nehmen, direkt neben Kaptiän Mustafa. Wir geniessen doch gewisse Privilegien als einzige Weisse an Bord dieses Kahns und sind nicht unglücklich darüber. Gegen Mittag legt die Fähre im Hafen von Wadi Halfa an. Und zu unserer grossen Erleichterung stellen wir fest, dass die Barke mit unserem Auto angekommen ist. Das ist nämlich nicht selbstverständlich: Wir wissen von Fällen, wo die Barke erst zwei Tage später angekommen ist, was für die Reisenden bedeutet, in Wadi Halfa in eines der heruntergekommenen Hotels zu gehen.

 

Anmerkung: Es gibt eine Strasse entlang dem Nasser-See in den Sudan. Das ist so. Aber die Grenze soll nur für privilegierte Ägypter und Sudanesen offen sein… Manch ein Overlander hat sich mit dieser Landweg-Variante auseinandergesetzt (wir natürlich auch!), aber bislang hat noch keiner diese Grenze passieren können. Wir sind uns ziemlich sicher, dass da ein «mafiöses» Abkommen zwischen dem Fährschiffunternehmer und den Grenzbehörden besteht… However – wir haben die Fährüberfahrt geschafft!

11. und 12. Oktober 2011: Komplizierte Einreise in den Sudan

Wir erwarten eigentlich, von Mr. Magdi Boshara abgeholt und durch den Zoll geschleust zu werden. Er ist zuständig, den nicht-arabisch-sprechenden durch den Zoll zu helfen, bzw. als Dolmetscher und Vermittler zu fungieren. Stattdessen steht uns ein alter Mann gegenüber, der sich als unser Helfer anbieten möchte. Mr. Magdi sei nicht hier, aber er könne das auch. Und schon zieht er unter seiner weissen Dschallabia einen amtlichen Ausweis hervor und stellt sich als Mr. Kamel vor. Na gut. Eine andere Wahl bleibt uns ja gar nicht. Und schon packt er Olivia an der Hand und bahnt uns einen Pfad durch die Menschenmasse, für die Begriffe wie «Anstehen» und «Vortritt gewähren» fremd sein müssen. Wir kämpfen uns aus dem Schiff raus in der Hoffnung, einander nicht zu verlieren und dass unsere Kinder nicht erdrückt werden. Nachdem uns der Passkontrolleur zweimal angeschrien und unsere Pässe und Einreisepapiere gesichtet hat, können wir unsere Füsse auf sudanesischen Boden setzen.

Der fast zahnlose Mr. Kamel verspricht in seinem gewöhnungsbedürftigen Englisch, dass wir noch heute das Auto vom Schiff nehmen und mit seiner Hilfe aus dem Hafen und durch den Zoll bringen können. Das wäre natürlich super! Schliesslich haben wir so richtig fest Heimweh nach unserer Schildkröte, unserem Bett, unserem Hab und Gut halt. Dank Mr. Kamel ist die Personenabfertigung wirklich schnell erledigt und man schickt uns zur Barke um das Auto abzuholen.

Aber da ist niemand. Die Rampe ist noch oben und die Fahrer der anderen Fahrzeuge sind auch nicht da. Also bleibt uns nichts anderes als uns im Schatten einer Schiffladung Tomatenpuréeschachteln niederzulassen und zu warten (und mit Olivia Tschau-Sepp zu spielen). Es ist heiss, zum Glück haben wir noch genügend Trinkwasser im Gepäck. Zwei Autobesitzer tauchen dann doch noch auf, aber ausgerechnet der Fahrer des vordersten Autos kommt nicht. Übers Handy wird bald herausgefunden, dass dieser nach Wadi Halfa ging. Weiss der Geier, warum! Was heisst das nun für uns? «Only tomorrow!» Schade! Ich sehe uns schon im schmuddeligen Hotel von Wadi Halfa einziehen, da macht Sämi den Vorschlag, dass wir auf der Barke im Auto übernachten könnten. Mr. Magdi und der Kapitän des Schiffes geben sich zu unserem Erstaunen einverstanden mit dieser nicht ganz legalen Alternative.

Und so kommt es, dass wir unsere erste Nacht im Sudan wieder in unserem trauten Heim, aber mitten im Hafen von Wadi Halfa verbringen. Wir geniessen unser Zuhause in vollen Zügen, obwohl die Barke im heftigen Wind die ganze Nacht schaukelt und mit lautem Getöse gegen die Hafenmauer prallt.

Dass wir mit dem Sudan definitiv Schwarzafrika erreicht haben, zeigt sich am nächsten Morgen, als wir sage und schreibe fünf ewige Stunden brauchen, um die schwarzafrikanische Bürokratie rund um unsere Autopapiere zu erledigen und ENDLICH aus dem Hafen raus gelassen zu werden. Mr. Kamel ist altershalber sehr, sehr langsam und wir haben das Gefühl, die Beamten nehmen ihn nicht mehr so ernst. Jedenfalls muss er ziemlich lange diskutieren und beim Ausfüllen der Formulare wird seine offensichtliche Sehschwäche zum Hindernis. Es ist zum Verzweifeln mit diesem Mann! Als er dann noch einen ganzen Zollbrief von Hand abschreiben will, weil der Kopierer defekt ist, nimmt Sämi die Sache an die Hand und schreibt das Zolldokument selber ab (inkl. Rechtschreibfehler, darauf bestehen die Beamten – gar nicht so einfach!), da er ganz einfach nicht mehr die Nerven dazu hat, dem Greis den Brief Buchstaben für Buchstaben zu diktieren.

Wir haben echt nichts dagegen, als wir dem Hafen schliesslich doch noch den Rücken kehren und losfahren können. Aber der afrikanischen Bürokratie noch nicht genug: Wir müssen uns in Wadi Halfa noch bei der Immigration Police registrieren lassen. Mit der europäisch-naiven (?) Idee, dass das schnell erledigt sein sollte, geht Sämi schnell ins Büro rein. Aber wir wären ja nicht in Afrika, wenn es so einfach ginge. Wir müssen nochmals alle ein Einreiseformular ausfüllen (das vierte unterdessen!), nochmals ein Passfoto und Kopien von Pass und Visum abgeben. Leider haben wir keine Visum-Kopien. Hier haben sie keinen Kopierer und so schickt man uns ins Copy-Center. Aber vorher müssen wir noch Geld wechseln. Also nichts wie los auf die Bank (das ist hier ein Gemüseladen, der zu einem guten Kurs wechselt), Dollar in sudanesische Pfund wechseln und ab zum Kopieren. Nach diesem unglaublichen Tag reagieren wir gar nicht mehr so überrascht, als die Dame hinter dem Kopiergerät entschuldigend sagt, dass der Kopierer defekt ist. «Maybe tomorrow», meint sie hoffnungsvoll. Aber wir wollen noch nicht aufgeben. Schliesslich ist der Drang, heute noch in die Wüste abzuhauen und da eine ruhige Nacht zu verbringen, zu gross. Aber unterdessen meint der Officer, wir seien zu spät dran fürs Registrieren. «Tomorrow!», sagt er zu Sämi. Jetzt bleibt uns nur noch der Kinder-Joker. Mit Gian an der Hand und einem schönen Kugelschreiber zwischen den Pässen versuche ich den Polizisten umzustimmen. Wahrscheinlich dank Gian, der mit seinen Arabischkenntnissen dem Mann sofort ein Lächeln entlocken kann, wird die Registrierung doch noch vorgenommen (sogar ohne Visum-Kopie! That’s Africa!) und wir können uns nun offiziell frei im Sudan bewegen. Die Strapazen dieses anstrengenden Tages werden mit einer ruhigen Nacht unter dem sudanesischen Sternenhimmel wieder etwas aufgewogen. Was haben wir uns in den letzten Tagen nach einem Wüstencamp gesehnt!

An dieser Stelle noch ein kurzer Exkurs, wie ein Jenni-Wüstencamp funktioniert: Nachdem ein schöner und einigermassen horizontaler Stellplatz möglichst hinter einem Hügel oder einer Düne gefunden ist, steigen alle Passagiere freudig aus und die Kinder machen sich sofort daran, ihre Sandspielsachen auszuladen und den Wüstenboden zu einem Autoparkplatz, Tiergehege oder Piratenschiff o.ä. zu verwandeln. Schnell werden Tisch und Stühle aufgestellt, so dass der Feierabendapéro zeitig mit dem Sonnenuntergang abgehalten werden kann. Nachher gibt’s natürlich ein warmes Nachtessen, denn während einer Tagesreise gibt’s zum Zmittag einfach landestypisches Brot, La-vache-qui-rit-Käse und mitgeführten Tomilser Speck oder Winterthurer Schüblige (leider gehen auch diese Vorräte langsam aber sicher zur Neige!) und Früchte. Nach Einbruch der Dunkelheit geniessen wir den jedesmal aufs Neue einmalig erscheinenden Sternenhimmel und warten, bis der Mond aufgeht. Erst dann (wenn der Mond über uns wacht), sind Olivia und Gian bereit, ins Bett zu gehen. Und dann geht es immer zackig und die beiden fallen in einen tiefen Schlaf. Auch wir Erwachsenen legen uns zeitig aufs Ohr (aber etwas Abendlektüre soll natürlich trotzdem nicht fehlen – schliesslich führen wir ja eine halbe Bibliothek mit ?), denn am Morgen stehen wir immer mit der Sonne auf, also zwischen 5.30 und 6.00 Uhr. Man will ja schliesslich was vom Tag haben… Nein, nicht nur deswegen: Es wird in der Wüste schlichtweg schnell zu heiss und daher lohnt es sich, den Kaffee zu trinken, bevor er den Schweiss aus den Poren treibt. Nach dem Wüstenfrühstück (an besonderen Tagen sogar mit Nutella) geht’s ans Aufräumen, Zähneputzen etc. und so sind wir meistens gegen 8 Uhr on the road again.

12.-16. Oktober 2011: Dem Nil entlang und auf den Spuren der alten Ägypter nach Khartoum

Und nun erwartet uns eine wunderschöne 5-tägige Reise durch den Nordsudan: Von Wadi Halfa dem Nil entlang nach Kerma und Dongola, wo wir auf schönste Nillandschaften, nubische Lehmdörfer und herzliche Menschen treffen und 3500 Jahre alte Grabstätte und Überreste von Tempeln besichtigen. Durch die nubische Wüste fahren wir nach Karima und weiter nach Atbarra und schliesslich nach Khartoum, ohne dabei die Meroe-Pyramiden zu verpassen, die kleine Ausgabe der Giseh-Pyramiden mit dem grossen Unterschied, dass wir diese historische Sehenswürdigkeit ganz für uns alleine haben, obschon sie das touristische Highlight des Sudans darstellen. Aber der Sudan ist nun man alles andere als ein Touristenland. Dennoch warten hier Kameltreiber auf die wenigen Touristen, die hier Halt machen und Olivia und Gian kommen endlich zu einem Kamelritt in der Wüste! ???

Unterwegs springt auf einer Buckelpiste ein IKEA-Küchenauszug aus der Schiene. Lange ist nicht klar, ob Sämi das reparieren kann, oder ob wir ohne auskommen müssen. Irgendwie klappt es dann doch (ob das viele Fluchen zum Gelingen beigetragen hat oder nicht, sei dahingestellt). Auf jeden Fall ist es Zeit, die Sicherung der Auszüge zu verbessern. Dazu braucht es allerdings Material aus der Schweiz. Auch das wird zu lösen sein. (Danke Lukas! Danke Heidi!)

Das trocken-heisse, aber angenehme Klima der nubischen Wüste wird langsam aber sicher von schwüler Hitze abgelöst. Auf unserer Fahrt in die Hauptstadt regnet es sogar und wir queren gefüllte Flussbette auf der Hauptstrasse nach Khartoum. Das tüppige Klima (42° C bei hoher Luftfeuchtigkeit) kombiniert mit einer Moskitoplage setzt uns zu und so entscheiden wir uns gegen lange Ferien in Khartoum und planen, baldmöglichst das Land in Richtung Äthiopien zu verlassen. Es gibt nur etwas Wichtiges zu erledigen in Khartoum: Gian darf sich hier ein Geburtstagsgeschenk aussuchen. Im Hypermarket der Afra Mall (einziges Shopping Center Khartoums) entscheidet er sich für einen ferngesteuerten Bagger (viel Auswahlmöglichkeiten hat er eh nicht). Und nun möchte unser Jüngster so schnell wie möglich nach Äthiopien weiter, in der Meinung, dass dann sein Geburtstag schneller kommen möge… Und noch etwas hält uns nicht mehr länger im Sudan: Es gibt kein Bier in diesem Land (dessen Gesetze auf der Sharia basiert) auf legalem Weg zu kaufen und unsere geschmuggelten Reserven sind unterdessen in der Hitze «verdunstet». Hätten wir eben doch mehr geschmuggelt…!

18.-19. Oktober: unangenehme Begegnung mit einem sudanesischen Polizisten in Khartoum und eine schlechte Wahl unseres Nachtlagers

Das Verlassen der sudanesischen Hauptstadt muss zuerst noch verdient sein: Ein Polizist beobachtet, wie ich vom Beifahrersitz aus den Markt fotografiere und winkt uns aus dem Verkehr raus. Er befiehlt mir barsch, auszusteigen. Ich füge mich nicht so schnell seinen Befehlen. Sämi steigt stattdessen aus und versucht, das Ganze zu klären. Der Polizist will die Papiere sehen. Dummerweise geben wir ihm das Original des sudanesischen Autopapieres in die Obhut. Nun hat er ein Druckmittel: Er will uns das Papier nur gegen die Speicherkarte der Kamera zurückgeben, obwohl wir die Markt-Aufnahme vor seinen Augen wieder gelöscht haben. Wir geben ihm sicher nicht unsere Speicherkarte! Also droht er uns mit dem Polizeiposten und macht uns weise, dass wir hier im Fall im Sudan seien und nicht in der Schweiz und dass wir grosse Probleme bekommen würden. Sämi spekuliert, dass sich der Officer grösser gibt als er in Wirklichkeit ist und droht zurück mit Problemen, die er selbst bekommen könne, wenn er uns zu seinem Chef bringen würde. Und siehe da: Er gibt nach und lässt uns ziehen. Nicht einmal die Fälschung von Sämi’s Führerschein, die wir ihm unterdessen gegen das Papier ausgehändigt haben, will er zurückbehalten. Und was ist die Moral dieser Geschichte? Von jetzt an geben wir an den Checkpoints nur noch Fälschungen raus – solange wir in Schwarzafrika sind. Schliesslich haben wir in der Schweiz eine ganze Serie von Papier-Fälschungen vorbereitet und die sollen ab jetzt zum Einsatz kommen.

Eine problemlose Fahrt südostwärts bringt uns in einer ersten Etappe in die Nähe von Gedaref, wo wir uns leider etwas spät um ein Nachtlager kümmern. Und so zweigen wir erst kurz vor Sonnenuntergang von der Hauptstrasse auf einen Feldweg ab, welcher nach wenigen hundert Metern bei einem Tümpel endet. Der Platz ist gar nicht so übel, finden wir. Und in einer Sackgasse zu stehen bedeutet zumindest, dass nicht mit Verkehr zu rechnen ist. Aber das Nachtessen steht noch nicht auf dem Tisch, da nähert sich Motorengeräusch eines Zisterne-Lastwagens. Und schnell ist uns klar, wo wir gelandet sind: Direkt neben einer Jauchedeponie. Die freundlichen Männer winken kurz und mit fragendem Blick schnell zu und erledigen ihre Arbeit zügig, um im Dunkel schon wieder zu verschwinden. In der grossen Hoffnung, dass sie nun Feierabend machen, essen wir Nudeln und Gemüse, «unterhalten» von zahlreichen Käfern und Heuschrecken. Nun gilt es, den Moskitos in unserem Wohnwagen Herr zu werden, damit uns eine bessere Nacht ermöglicht werden kann. Leider gehen unsere Pläne ganz und gar nicht auf: Die Männer kommen bis Mitternacht noch dreimal um Jauche loszuwerden (zu unserem Erstaunen hält sich der Gestank in Grenzen) und erzeugen entsprechend Lärm und die Hitze und die Moskitos sind nicht aus unserer Wohnung zu kriegen. Es steht uns nochmals eine sehr schwül-heisse und von Moskitos geplagte Nacht bevor! Wir träumen von frischer Luft und beneiden euch Daheimgebliebene (so wie ihr uns ab und zu um die Wärme beneidet)!

19.-23. Oktober: Ab ins äthiopische Hochland und ein paar Ferientage am Lake Tana

Wir erreichen den Grenzübergang bei Gallabant – Metema gegen Mittag und schaffen die sudanesiche Ausreise verhältnismässig zügig und problemlos. Da die äthiopischen Beamten soeben Mittagspause haben, müssen wir uns am spärlich vorhandenen Schatten mit vielen anderen Grenzgängern gedulden (Womit wohl? Genau: mit Tschau-Sepp resp. UNO spielen) und schwitzen vor uns hin. Es ist saumässig heiss und wir können es uns schlichtweg nicht vorstellen, dass wir heute Abend im äthiopischen Hochland frieren und den Faserpelz überziehen werden. Wie wir so in der Hitze wartend vor uns hinschmollen und die Kinder zum wiederholten Mal um ihre Geduld bitten, erbarmt sich der äthiopische Zöllner unser und entscheidet sich, seine Mittagspause frühzeitig zu beenden und sich unserer Einreiseformalitäten weiter anzunehmen. Und so geht alles sehr zügig, das Fahrzeug ist auch schnell kontrolliert und wir sind in Äthiopien!!! Das ging doch ganz einfach von statten. Das passt eigentlich überhaupt nicht zu dem pingeligen Verhalten der äthiopischen Einreisebehörden (so einmalig das Land in Afrika, so speziell mühsam sind die Einreisebestimmungen für Reisende, die nicht mit dem Flugzeug kommen), die uns unter mühsamsten und nervenaufreibenden Umständen ein ab Ausstelldatum (am 2. August 2011 in Genf) nur 3 Monate gültiges Visum ausgestellt haben. Dies soll unser zügiges Vorankommen seit Reisestart rechtfertigen: Unser Äthiopien-Visum verliert seine Gültigkeit am 2. November 2011 und so war schon immer klar, dass wir entsprechend vorher in dieses Land einreisen «müssen». Zum guten Glück sind unsere Pläne tatsächlich aufgegangen (was ganz und gar nicht selbstverständlich ist; wir konnten nie wissen, ob wir z.B. durch Syrien kommen würden) und wir haben Äthiopien zeitig erreicht!

 

Kaum in Äthiopien eingereist und schlagartig ist alles anders: Es ist grün und die Strassen sind überfüllt von Menschen, Rindern, Ziegen, Hühnern und Eseln. Sofort führt die Fahrt bergaufwärts und wir finden uns in einer völlig anderen bergigen Landschaft wieder, wo wir uns fast ein bisschen zuhause fühlen! Die Sahara und Arabien haben wir definitiv hinter uns gelassen – das mutet aber auch wehmütig an. Es hat uns nämlich sehr gut gefallen im arabischen Raum! Und Olivia und Gian begreifen nicht, warum man ihre arabischen Grussformeln nicht mehr erwidert.

Bis zum Abend fahren wir auf 2100 m.ü.M. hoch und schlagen da unser Nachtlager auf. Wir freuen uns dermassen über die Bergfrische, da stört es uns wenig, dass wir sofort von neugierigen Kindern und Bauern umringt werden. Da wir sehr müde sind (wir haben sicher vier Nächte in Serie schlecht geschlafen und sind weit gereist), halten wir die Kommunikation mit den Leuten kurz und verziehen uns in die Schildkröte. Und es ist unglaublich, aber wahr: Wie wir gestern noch fast verschmachtet sind in unserem Auto und uns am liebsten aus der eigenen Haut geschält hätten, stellen wir heute Abend tatsächlich die Heizung ein, weil wir FRIEREN!!!

Bevor uns Nachtruhe gegönnt ist, kommen ein paar Männer und Kinder vom nahe gelegenen Dorf mit gesottenen Kartoffeln und gebratenen Maiskolben vorbei und machen es sich in unserer Schildkröte bequem, indem sie sich da kurzerhand auf den Boden setzen resp. infolge Platzmangels auf der Leiter absitzen. Wir offerieren ihnen als Gegenleistung Süsses und sie schmatzen genüsslich vor sich hin – die Papierchen lassen sie hemmungslos auf unseren «Wohnzimmerboden» fallen. Mit Händen und Füssen versuchen wir ihnen schliesslich klar zu machen, dass unsere Kinder nun schlafen wollen und sie doch morgen früh wieder kommen sollen.

Mit der Sonne stehen wir auf und die Kinder schleichen schon wieder um unser Fahrzeug herum in der Hoffnung, dass wir noch Süssigkeiten für sie haben. Natürlich haben wir noch welche! Aber dann wollen wir los, schliesslich gibt es heute ein klares Ziel: Das Tim&Kim-Village in Gorgora am Tana-See, wo wir eine Ruhepause einlegen wollen. Tim und Kim sind vor vier Jahren von Holland hierher gekommen, um ein sehr schönes und sorgfältig gebautes Bungalow-Camp aufzubauen. Wir bewundern ihre Wahl dieses zwar sehr schönen, aber auch sehr abgelegenen Platzes und ihre Ausdauer, die anhaltenden Strom- und Wasserversorgungsprobleme immer wieder aufs Neue zu lösen. Wenn das Village einmal fertig gebaut ist, wird das bestimmt ein wunderschöner Ort um Ferien zu machen. Wir können auf ihrem Gelände stehen und bei ihnen sehr fein essen und so machen wir ein paar Tage «Herbstferien» um frisch gestärkt Äthiopien weiter bereisen zu können.

24.-29. Oktober 2011: Von Diebstahl, Felsenkirchen, Höhenfieber und Geburtstagsparty auf der Route Gorgora – Lalibela - Addis Abeba – Arba Minch

In Gorgora machen wir Halt um Einkäufe zu tätigen. Aber der Supermarkt gibt wenig für viel Geld her und so halten wir uns zurück mit einem Grosseinkauf. Dafür werden wir ein erstes Mal bestohlen: Während wir im Supermarkt vergebens nach Milch Ausschau halten, wird durchs kleine Flügelfenster auf der Fahrerseite Sämi’s Hemd gestohlen. Der erste Frust nach schlechter Einkaufsbilanz ist gross – aber nach fundierter Analyse des Vorgefallenen müssen wir uns glücklich nennen, dass «nur» ein Hemd und nicht etwa das GPS oder mein iPhone (ausnahmsweise im Cockpit zu Ladezwecken liegen gelassen) abhanden gekommen ist. Wir sind mit einem blauen Auge davon gekommen und so verlassen wir Gonder, ohne viel von dieser ehemaligen Königsstadt zu besichtigen. Wir ziehen weiter auf die «Chinese Road» – die Verbindungsstrasse durchs Hochland zwischen West und Ost. Die von den Chinesen geteerte Strasse ist in tadellosem Zustand und es gibt kaum motorisierten Verkehr hier. Dafür wird die Strasse von den unzähligen Menschen (Äthiopien zählt schätzungsweise 85 Mio. Menschen!) und ihren noch mehr Ziegen, Ochsen und Eseln bewandert. Wir finden deshalb, dass man diese Strasse in «Donkey and cattle Highway» o.ä. umbenennen sollte. Ganze Scharen von Menschen sind – so scheint es uns zumindest – stundenlang zu Fuss unterwegs und leisten Schwerstarbeit, indem sie überdimensionale Lasten (Holz, Korn, Wasser, ...) schleppen. Kein Wunder, dass die besten Marathonläufer aus diesem Land stammen! Die von Mensch und Tier stark frequentierten Strassenverhältnisse erfordern höchste Aufmerksamkeit des Fahrers, denn sowohl Zwei- als auch Vierbeiner weicht nicht von der Strasse, wenn sich ein Fahrzeug nähert. Da nützt auch Hupen nichts. Anscheinend ist man sich hier ganz und gar nicht an Strassenverkehr gewohnt – noch nicht?!

Die Fahrt durch das Hochland von Abessinien (wir bewegen uns stundenlang zwischen 2800 und 3500 m.ü.M.) gefällt uns wahnsinnig gut. Und als wir die ersten wild lebenden Affen entdecken, finden es auch Olivia und Gian spektakulär. ?

Ein lange ersehntes Ziel sind die berühmten Felsenkirchen von Lalibela. Die Fahrt zu diesem religiösen Ort muss über eine lange Rumpelpiste zuerst verdient sein. Wenigstens ist die Landschaft sehr schön und abwechslungsreich (sehr hügelig und grün). Dennoch: Es ist eine anstrengende Etappe und so kommt es, dass unser Fahrer, Sämi, infolge Fiebers und Gliederschmerzen das Bett einem ausgedehnten Besuch der Felsenkirchen von Lalibela vorziehen muss. Klein Gian ist gar nicht so unglücklich, dass er Papa in den Lastwagen zur Mittagsruhe begleiten darf, währenddem mich unsere grosse Olivia über Stock und Stein von Felsenkirche zu Felsenkirche begleitet und sogar Interesse findet an diesen imposanten Gotteshäusern, die im 13. Jh. von oben nach unten in den Felsen hinein gehauen wurden. Schliesslich haben wir zwei gar nichts dagegen, einen spontanen «Frauennachmittag» miteinander verbringen zu können… Alles hat seine Vorteile!

Wir finden ein Hotel, wo wir für 10 USD ein Zimmer mit Dusche und WC haben können (schlafen wollen wir natürlich in unseren eigenen Betten) und sehr feines äthiopisches Nachtessen serviert bekommen.

Weitere 700 km abwechslungsreichste Fahrt durchs Hochland erwarten uns bis in die Hauptstadt Addis Abeba. Dafür benötigen wir zwei ganze Tage. In Kombolcha wollen wir eine Übernachtung einlegen und fragen bei einem Restaurant, ob wir im Hof über Nacht stehen dürfen. No problem! Selbstverständlich würden wir im Restaurant essen. Es scheint, dass wir grosses Glück mit diesem Ort haben: Das Besitzerpaar ist unglaublich gastfreundlich und lieb! Sie verwöhnen uns mit feinem Essen, traditionellem äthiopischen Kaffee (inkl. halbstündige Zeremonie, wo der Kaffee frisch geröstet, gemahlen und gebraut wird). Am nächsten Morgen lassen sie uns nicht weiterziehen, ohne uns ein äthiopisches Frühstück (Porridge, crumbled wheat and egg etc.) zu servieren. Es ist ihnen eine grosse Ehre, uns als ihre ersten ausländischen Gäste in ihrem erst vor zwei Monaten eröffneten Restaurant bewirten zu dürfen.

Die Fahrt nach Addis Abeba führt über den Tarmaberpass und durch drei Tunnels (Wow, ein Tunnel! Den letzten Tunnel passierten wir unter dem Suezkanal) auf eine Höhe von 3500 m.ü.M., wo es doch empfindlich kühl ist. Dennoch leben hier oben Menschen und betreiben Landwirtschaft wie andere in tieferen Lagen. Langsam geht’s wieder bergabwärts auf knapp 2400 m.ü.M. und Addis Abeba ist erreicht. Aber vorher machen wir noch eine Begegnung, die uns riesig freut: Am Strassenrand treffen wir auf Barbara und Franz aus Dübendorf(!!!). Sie sind seit April 2011 mit dem Fahrrad von Durban nach Kairo unterwegs. Schnell ist eine Stunde verstrichen, bis wir uns ausgetauscht haben, während sich Olivia und Gian mit den äthiopischen Hirtenkindern, die sich natürlich sofort und von grosser Neugierde getrieben uns nähern, vergnügen. Wir erreichen die Hauptstadt noch vor Einbruch der Dunkelheit und lassen uns vom Grossstadtverkehr zu «Wim’s Holland House» stossen. Dieser Platz ist Treffpunkt für die Overlander. Wir hoffen, hier andere Reisende zu treffen, um Erfahrungen auszutauschen. Insbesondere sind wir an aktuellen Informationen über die berüchtigte Route in Nordkenia interessiert. Es soll hier unlängst wieder zu Überfällen und Schiessereien (auf französische Touristen) gekommen sein.

Zuerst freuen wir uns aber über holländische Kost in Wim’s Restaurant. Für die Kinder gibt’s Fritten mit Mayo. Aber Olivia findet, die Pommes hätten zu viel Kartoffeln drin und Gian zieht Ketchup dem «Mayachäs» vor… (Liebe Andrea und Gotti von Gian: Du musst unsere Kinder nach unserer Rückkehr mal nach Holland entführen…?) Ansonsten gilt es an dieser Stelle aber festzuhalten, dass unsere Kids in Sachen Essen tüchtig Fortschritt gemacht haben. Sie sind probierfreudiger geworden und akzeptieren, dass es nicht immer nur Teigwaren gibt. Sie probieren von den lokalen Bohneneintöpfen, essen ohne zu Meckern Reis und sie verspeisen unterdessen praktisch alle Früchte, die die afrikanischen Marktstände hergeben (in Äthiopien sind dies zurzeit nur Bananen, saure Orangen und Guaven) und es schmeckt ihnen sogar!

Am 27. Oktober feiern wir Gian’s 4. Geburtstag – mit einem selbst gebackenen Schoggikuchen! Nach Skype-Kontakten in die Schweiz hat Gian den ganzen Tag Zeit, seine beiden Geburtstagsgeschenke (der ferngesteuerte Bagger und ein Schweizer Postauto) zu testen.

Da unser Iveco seit Aswan stetig etwas Getriebeöl in den afrikanischen Sand setzt, nimmt Sämi Kontakt mit der Iveco-Garage in der Schweiz auf. Es besteht zum Glück kein Grund zu grosser Sorge und so entscheiden wir uns zur baldigen Weiterfahrt südwärts durchs Rift Valley – den ostafrikanischen Graben - vorbei an vielen Seen und durch eine Landschaft, die allmählich in die Savanne übergeht. Und wir erfreuen uns an blühenden Jacaranda-Bäumen, Pavianen und Warzenschweinen an der Strasse.

In Arba Minch wollen wir auf Iris und Wolfram treffen. Wir haben von Mohamed in Aswan ertmals von ihnen gehört und haben uns entschieden, uns mit ihnen zusammenzuschliessen, damit wir die heikle Nordkenia-Strecke nicht alleine fahren müssen (wovon auch abgeraten wird). Da unser Iveco aber eher mehr als weniger «saftet», wollen wir die klassische Route über Moyale nach Marsabit nehmen und auf die interessantere und schönere, aber sehr entlegene Westroute über den Lake Turkana verzichten. Wir werden diesen Entscheid nicht bereuen, wie sich schon bald herausstellen wird…

30. Oktober – 2. November 2011: Krokodile und Hippos in Arba Minch – Grenübertritt nach Kenia

In Arba Minch ist zuerst nochmals Reisepause angesagt. Und wir wollen Gian verspätet zum Geburtstag die Krokodile und Hippos zeigen. Mit einem Boot geht’s auf den Chamosee hinaus und schon bald entdecken wir die ersten Hippos, die gelegentlich ihren Kopf aus dem Wasser strecken. Angekommen beim «Crocodile Market» - einer Bucht mit herrlich schöner, von Pelikanen und Marabus gesäumter Kulisse - staunen wir nicht schlecht, als wir unzählige Krokodile aus nächster Nähe beobachten können. Die Echsen sind bis zu 6 Meter lang! Friedlich liegen sie da in der Sonne oder gleiten ruhig durchs seichte Wasser. Als wir dann auf der Rückfahrt noch eine Hippo-Mama mit ihrem Jungen entdecken, hat sich der Ausflug definitiv gelohnt.

Unterdessen sind auch Iris und Wolfram in Arba Minch angekommen und wir freuen uns riesig, einander kennenzulernen. Bei einem gemeinsamen äthiopischen Nachtessen ist das möglich. Wir verstehen uns sehr gut mit den neuen Reisegefährten und unsere Kinder schliessen die beiden schnell ins Herz – ihre Ersatzgrosseltern sozusagen.

Über Konso und Yabelo fahren wir eine landschaftlich sehr schöne Strecke bis Moyale, wo wir ohne Probleme den Grenzübertritt schaffen. Hier treffen wir auf unseren zusätzlichen Begleiter, Mitch aus Holland. Er ist mit dem Fahrrad von Khartoum nach Dar es Salaam unterwegs und möchte die heikle Nordkenia-Strecke auch nicht alleine unter die Räder nehmen. Kein Problem für uns und unsere Schildkröte: Wir haben genügend und komfortabel Platz für den neuen sympathischen Passagier und sein Velo. Unsere Probleme liegen an einem anderen Ort! Kaum ist die Grenze passiert und kenianische Schilling sind von der Bank abgehoben, streikt die Schildkröte: Sie springt nicht mehr an. Sofort sind wir umringt von vielen Schaulustigen. Es gibt nur eins: Überbrücken. Und schon sind wir ein erstes Mal froh, dass wir in Begleitung sind. Die Autobatterie scheint sich zu entladen, wenn der Motor abgestellt ist. Die Ursache dafür ist nicht gleich auszumachen und so nehmen wir die berüchtigte Strecke nach Marsabit unter dem neuen Umstand, dass wir nur noch mit Überbrücken starten können, in Angriff. Was für Aussichten!

2. – 8. November 2011: 406 km miserable Piste, Pech und Pannen in Nordkenia (Moyale – Marsabit – Isiolo) und Überquerung des Äquators auf dem Weg nach Nairobi

Wir waren vorgewarnt und daher gefasst, dass uns eine schlechte Piste erwarten wird. Und so ist es auch. Mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 15 km/h springen, schaukeln und kriechen wir über die vom kürzlich gefallenen Regen ausgewaschene und von den Lkws malträtierte Piste und merken bald, dass wir unser Vorhaben, in drei bis vier Tagen in Nairobi zu sein, schlichtweg vergessen können. Unsere erste Etappe bringt uns bei Weitem nicht bis ins 350 KM entfernte Marsabit – wir müssen ein Buschcamp machen, auch wenn wir wissen, dass hier immer wieder Überfälle von Banden stattfinden. Aber es bleibt uns keine andere Wahl! Aus diesem Grund haben wir uns ja mit anderen Reisenden zusammengeschlossen.

Gegen Abend treffen wir aber noch auf zwei kenianische Lastwagen, wovon der eine von der Piste abgekommen ist (das ist echt lebensmüde, wie schnell die hier über diese von Löchern und Gräben übersäte Piste «heizen» - und das natürlich mit völlig überladenen Fahrzeugen!) und Bergungshilfe braucht. Wir wollen unsere angeschlagene Schildkröte nicht unnötig plagen und stellen einfach unser Abschleppseil zur Verfügung, mit dem ernüchternden Resultat, dass das Seil mangels nötigem Fingerspitzengefühl der beiden kenianischen Lkw-Driver zerrissen wird. Das ist ärgerlich! Und dennoch: Wir haben auf unseren letzten Reisen gelernt, dass man helfen soll, wenn man kann, denn plötzlich trifft es einem selber und man ist auf die Hilfe anderer angewiesen. Dass dies schon bald der Fall sein wird, können wir zum jetzigen Zeitpunkt natürlich noch nicht wissen… Nun, den Truck-Driver haben wir jedenfalls zu einem glücklichen Mann gemacht, als sein Gefährt aus dem Loch gezogen ist und er seine Fahrt endlich (nach drei Tagen langen Wartens auf Hilfe) fortsetzen kann. Das Seil ersetzen oder bezahlen kann er natürlich nicht, aber er würde für uns beten…

Wir haben nur noch wenig Zeit bis Sonnenuntergang, um uns im schroffen Gelände ein Nachtlager zu suchen.

Am nächsten Tag ziehen wir früh weiter, nicht aber, bevor wir überbrückt haben. Die Strasse ist gnadenlos und wir werden aufs Gröbste durchgeschüttelt und die Kastentüren und Schubladen machen sich selbstständig und die Milchpackungen und Bierflaschen mögen nicht alle den Vibrationen Stand halten. Die Putzfrau hat Arbeit! Und auch der Reserveradhalterung sind die ewigen Vibrationen und Schlägen zu viel und so muss an Ort und Stelle eine Lösung gefunden werden, wie das Rad wieder befestigt werden kann. Während sich die Männer diesem Problem annehmen, hüpfen Olivia und Gian vergnügt über die Sand- und Steinhaufen und spielen mit ihren Spielsachen (sie scheinen gar kein Problem damit zu haben, dass wir anhalten müssen…) und ich treffe wieder mal eine Wasserlache im «Wohnzimmer» an und habe auch ein bisschen Arbeit. Während Sämi die Reserveradhalterung fixiert, werfe ich wieder einmal einen Blick unter die Schildkröte und stelle fest, dass vorne Öl auf den Boden tropft. Sämi nimmt sich mit Unterstützung von Mitch und Wolfram diesem neuen Problem an und versucht, das Leck notfallmässig abzudichten. Nach vier Stunden sind wir wieder reisetauglich und hüpfen bis nach Marsabit, wo wir kurz vor Einbruch der Dunkelheit eintreffen und beim Jayjay Hotel einen netten Stellplatz für die Nacht bekommen. Aber der Feierabend muss noch auf sich warten lassen: Unser Haus steht unter Wasser, weil eine Wasserleitung geplatzt ist (langsam aber sicher beginnen wir, die Nordkenia-Piste zu verfluchen!). Alles ist tropfnass und kann nicht einmal draussen zum Trocknen aufgehängt werden, denn die Regenzeit macht genau jetzt ihrem Namen alle Ehre… Ein Unglück kommt selten allein!

Und so ist es vielleicht nicht weiter erstaunlich, dass am nächsten Tag nach nur wenigen Kilometern schon wieder eine Zwangspause ansteht: Auch die Halterung des Dieseltanks hat sich auf dieser Rumpelpiste gelöst und muss wieder nachgezogen werden. Zum Glück fahren Iris und Wolfram hinter uns her und haben gesehen, dass bei der Fahrt der Tank schwankt. So kann das Schlimmste verhindert werden, dennoch findet es Sämi langsam nicht mehr so lustig, schon wieder die Werkzeugkiste hervornehmen zu müssen… Die Kinder hingegen nutzen die Pause mit Vergnügen zum Spielen im Sand und bedauern, dass wir bald fertig sind und weiterfahren. Starker Regen hat der Piste arg zugesetzt und es ist matschig und für Sämi schwierig zu verhindern, dass die Schildkröte ins Schlittern kommt. Aber er hat die Sache im Griff und so bleiben wir nie im Matsch stecken. Wir schaffen es bis Laisamis und dürfen auf dem Gelände der katholischen Mission über Nacht stehen. Es gibt sogar eine Werkstatt hier und da unterdessen auch noch die Auspuffaufhängung gerissen ist (diese Sch...piste hat es wirklich in sich!), wollen wir diese schweissen lassen. Jimmy, der Missions-Mechaniker, kriecht sofort unter den Lastwagen und verspricht, sich am nächsten Morgen der Sache anzunehmen. Zum Nachtessen gibt es allerhand Zusammengewürfeltes aus deutschen und schweizer Vorräten: Aber es schmeckt sehr gut! Und auch das Lagerfeuer von Mitch fehlt nicht.

Jimmy bringt die Auspuffaufhängung bald wieder in Ordnung und auch den Öldrucksensor kann er wieder befestigen, so dass da kein Öl mehr heraustritt. Da sich Sämi immer mehr ums tropfende Zwischengetriebe sorgt, sucht er bei Jimmy Rat und der meint, er solle Öl nachfüllen. Er besorgt uns Getriebeöl, leider aber das falsche. Sämi warnt ihn noch, aber Jimmy gibt sich sehr sicher, das richtige Öl gekauft zu haben und leert es ins Getriebe. Wir nehmen die letzten 20 Kilometer Piste in Angriff und plangen auf den Moment, wo die Piste in nagelneue Asphaltstrasse übergeht. «From the hell to heaven», hat man uns in Marsabit gesagt, und so fühlt es sich tatsächlich an.

Genussvoll gleiten wir auf der neuen Strasse daher, bis plötzlich unangenehme Gerüche in die Kabine dringen und kurz darauf die Ölleuchten im Cockpit aufblinken. Sämi stoppt und springt aus dem Auto. Es stinkt nach verbranntem Öl und Sämi ist sich sicher, dass Jimmy eben doch das falsche Öl eingefüllt hat. Der Zufall will es, dass Jimmy gleich hinter uns auf einem Lkw daher kommt und somit insofern weiterhilft, dass er mit Iris und Wolfram ins 80 km entfernte Isiolo fährt, um das richtige Öl zu kaufen und uns einen Wächter organisiert, denn hier stehen wir in angeblich sehr unsicherem Gelände, das regelmässig von bewaffneten Banditen heimgesucht wird. Erst ein paar Tage später erfahren wir, dass genau heute im nur wenige Kilometer entfernten Shaba-Nationalpark zwei Schweizer angeschossen wurden. Unser Wachmann kommt tatsächlich in Begleitung von zwei anderen netten Typen und wir fühlen uns absolut sicher in deren Obhut, obschon wir unsere Zweifel haben, ob der alte Mann von einem Wächter die Waffe im Ernstfall rechtzeitig und gezielt einzusetzen kommt. Aber Alter und hohes Ansehen zählen im traditionellen Afrika mehr als Waffen.

Bis Iris und Wolfram mit dem Öl wieder da sind, haben Sämi und Mitch genügend Zeit, das falsche Öl abzulassen – meinen sie. Aber Sämi findet kein passendes Werkzeug, womit er die Schraube aufbringt und so muss zuerst ein Werkzeug konstruiert werden. Ein heftiger Wolkenbruch zwingt die Männer, die Arbeit einzustellen und so finden wir uns zu acht in der Fahrzeugkabine wieder, Mitch und der Wachmann inklusive Waffe auf dem Beifahrersitz, die jungen Männer auf dem Fahrersitz und unsere komplette Familie auf der Rückbank, bis der Platzregen wieder nachlässt. Immer wieder halten vorbeifahrende Fahrzeuge und man will uns Hilfe und Schutz anbieten. Wir erleben Nordkenias Bewohner extrem positiv! Dennoch sind wir erleichtert, als Iris und Wolfram wieder zurück sind. Nur bringen wir die Ablassschraube beim besten Willen nicht auf und so bleibt uns nur noch Abschleppen bis ins nächste Dorf, denn die Nacht ist schon angebrochen und hier stehen bleiben sollten wir auf keinen Fall, meinen die Einheimischen. Erst in ihrem Dorf seien wir sicher.

Tatsächlich haben wir eine ruhige Nacht in diesem Samburu-Dorf und ziehen das Abschleppmanöver am nächsten Tag bis zur nächsten Garage in Archer’s Post durch. Hier kann man die Schraube schnell öffnen und das Öl wird gewechselt. Bis Sämi den überrissenen Preis heruntergehandelt hat, setzt heftiger Regen ein und die Strassen von Archer’s Post verwandeln sich urplötzlich in reissende Flüsse! Die Strecke bis Isiolo ist bald gefahren und hier finden wir einen schönen Platz bei einer Lodge (mit Sicht auf den verschneiten Mount Kenya), wo wir einen Tag Pause einlegen wollen. Sämi möchte mit der Iveco-Garage in der Schweiz telefonieren, denn das Zwischengetriebe wird auf der Fahrt immer sehr heiss. Ein fahrtfreier Tag tut allen enorm gut (auch wenn ich eigentlich nichts anderes mache, als den ganzen Tag Wäsche zu waschen!) und ein beruhigendes Telefongespräch mit der Garage in der Schweiz lässt uns dann die Weiterfahrt nach Nairobi wagen. Und so überqueren wir am 8. November, exakt drei Monate nach unserem Reisestart, den Äquator bei Nanyuki und erreichen Nairobi, wo wir die Jungle Junction – ein beliebter Treffpunkt der Overlander – ansteuern. Aber ein paar Kilometer vor Nairobi heisst es, uns schweren Herzens von unserem Mitfahrer Mitch zu verabschieden. Er setzt seine Reise wieder auf zwei Rädern fort und zieht ostwärts in Richtung Uganda weiter. Hoffentlich treffen ihn wir da irgendwo wieder oder dann spätestens an Weihnachten auf Sansibar…?? In shallah!

Das moderne Nairobi stellt einen krassen Gegensatz zum traditionellen Nordkenia dar. Wir erleben fast so etwas wie einen Kulturschock, als wir die Shoppingmall besuchen und wir staunen nur noch über die Kleider-, Schuh-, Elektronik-, Blumen- und Lebensmittelläden, die wir hier antreffen. Wir können dunkles Brot, Croissants, Joghurt und Pizza (um nur ein paar Beispiele zu nennen) kaufen! Das Frühstück am nächsten Morgen wird ein Hochgenuss: Eier, dunkles («richtiges») Brot und Joghurt kommen seit Ewigkeiten wieder einmal auf den Tisch. Mit der Jungle Junction haben wir den richtigen Ort angesteuert, um unsere Schildkröte wieder auf die Beine zu kriegen. Hier gibt es eine Werkstatt und andere Overlander, mit denen wir uns austauschen können. Eine Batterie ist tatsächlich kaputt und so muss Ersatz her. Der Grund, dass das Getriebe auf der Fahrt so heiss wurde, muss an einer Überdosis Öl liegen: Die haben uns viel zu viel Öl reingelassen in Nordkenia! Zudem scheint die Qualität des Öls auch nicht die beste zu sein, wie wir in der Werkstatt erfahren.

Nun also machen wir ein paar Tage Reisepause in Kenias Hauptstadt und haben alle Hände voll zu tun mit Wäsche waschen und nochmals Wäsche waschen, Wohnungsputz, Stauräume endgültig austrocknen (um den «Muff» wenigstens ein wenig loszuwerden) und natürlich Autoreparaturen. Dank WiFi können wir dabei DRS3 hören und das ist echt cool! Und Olivia hat hier eine Spielgefährtin gefunden: Malaika, die Tochter von Chris, dem Besitzer des Jungle Junction Campsite. Die beiden spielen vergnügt und verstehen sich sehr gut und Olivia’s Englisch wird von Tag zu Tag besser!

Hier werden wir uns auch wieder von unseren zwei Begleitern Iris und Wolfram trennen. Wir hatten eine sehr angenehme Zeit mit ihnen und ziehen den Hut vor ihrem Entscheid, in Deutschland Firma und Haus aufzugeben und solange durch die Welt zu fahren, wie es Alter und Gesundheit zulassen. Wer weiss, vielleicht kreuzen sich unsere Wege im Süden wieder – es wäre uns jedenfalls eine grosse Freude!