Toubab

Defekte Bremsen, bitterschönes Zimbabwe und ein unverhofftes Wiedersehen mit Sambia

Die Maschine von Air Botsuana setzt sanft auf. Wieder sind wir in Francistown, da wo wir vor sieben Wochen unseren Landy zurückgelassen haben. Nach dem Zoll wartet schon Beat auf uns und nimmt uns herzlich in Empfang. Beat will noch einen Freund treffen und so fahren wir nicht direkt zu ihm, sondern halten in einem Hotel an. Da treffen wir George und seine Frau. George hat schon auf der ganzen Welt gearbeitet und spricht fliessend Chinesisch. Jetzt arbeitet er für Nissan in Kenia. In Afrika trifft man immer wieder auf spezielle Menschen!

Wir verbringen drei Tage bei Beat. Das Auto wird reisebereit gemacht. Die Arbeiten werden immer wieder unterbrochen durch Baden im Pool, Essen (Danke Beat, du hast uns sehr verwöhnt!) und Einkaufen.

Sämi möchte einmal im Leben auf die Jagd. Dank guten Kontakten von Beat lässt sich da etwas einrichten. Wir fahren zu einer Farm eines Freundes von Beat. Wir steigen auf einen Landcruiser und los geht die Fahrt über das riesige Farmland von ca. 2000 Hektaren. Der Farmer erzählt von seiner Kindheit und vom Leben auf der Farm, von gefährlichen Schlangen und von den vielen Elefanten, welche eine echt grosse Plage sind. Auf die Frage, wie die Elefanten den Elektrozaun überwinden, gibt er zur Antwort: Die drücken einen Baum in den Zaun oder stossen einen anderen Elefanten in den Zaun (und wir dachten immer, Elefanten seinen so freundliche Tiere…). Aber schliesslich sind wir wegen der Jagd da: Wir halten an und der Farmer präsentiert eine Mauser von1889. Nur der Lauf sei erneuert worden. Beinahe liebevoll streicht er dabei über den Lauf. Dann gilt es ernst! Der Fahrer stellt einen Plastikkanister ca. 50 Meter weiter vorne auf den Pfad. Sämi erhält Instruktionen und dann fällt der erste Schuss. Leider daneben. Der zweite Schuss trifft dann. Die Trockenübung ist somit absolviert und der Farmer zeichnet mit seinem Stock ein Tier in den Sand. Er zeigt, wo genau der Schuss eintreffen soll und dass wir das Tier auch zahlen müssen, wenn es angeschossen wird. Die Pirschfahrt geht weiter. Wir fahren über Stock und Stein, finden aber keinen geeigneten Springbock. Auch gut. Am Schluss trinken wir noch ein Bier und Sämi trauert etwas der Trophäe nach.

Schliesslich brechen wir am Donnerstag, 11. Oktober 2018 auf. Wie immer ändern wir die Pläne kurzfristig. Wir überqueren die Grenze nach Zimbabwe nicht bei Plumtree nach Bulawayo. Wir peilen Pandamatenga an, danach folgt die Matetsi Safari Area. Kazungula wollen wir meiden, da fahren zu viele Touristen über die Grenze, all jene, welche zu den Vicfalls wollen. Wir bevorzugen die kleinen Grenzen, da geht es aus unserer Erfahrung unkomplizierter zu und her.

Bei Nata wollen wir im Birds Sanctuary übernachten. Zu unserem Erstaunen ist der Camping aber voll. Wir weichen auf die Nata Lodge aus. Olivia und Gian machen noch ihre Aufgaben für die Schule. Dann gehen wir früh schlafen, damit wir genug Zeit für die Grenze haben.

Gegen Mittag treffen wir in Pandamatenga ein, kurz vor dem Ort essen wir noch etwas. Dabei entdecken wir im Radkasten vorne links, dass es tropft. Was könnte das sein? Eine Bremsleitung leckt bei einer Schraubverbindung. Sämi zieht die Verbindung fest, leider tritt immer noch Bremsflüssigkeit aus. Zudem bemerken wir auf der Weiterfahrt, dass die Bremsleistung nachlässt. Wir steuern in Pandamatenga eine Werkstatt an. Die Managerin ruft gleich einen Mechaniker an, der gerade auf der Post sei. Während wir warten, schauen wir uns in der Werkstatt um. Neben einem neuen Lift und einer neuen Reifenmontiermaschine sehen wir in einer Ecke auch einen Hühnerstall!

Der Mechaniker kommt und meint, er könne das gut flicken. Der erste Versuch scheitert. Die Verbindung dichtet nicht mehr richtig ab. Kurzerhand nimmt er etwas Isolierband, welches er in die Schraubverbindung hineinklebt, dann wird angezogen und die Leitung ist dicht. Ob das hält? Sämi ist skeptisch, doch der Mechaniker ist zuversichtlich, ist ja nicht sein Auto und wenn wir dann in Zimbabwe sind, werden wir wohl nicht mehr zurückkommen und reklamieren. Jetzt müssen noch alle Leitungen entlüftet werden und Bremsflüssigkeit nachgefüllt werden. Regi führt mit der Managerin dann die Preisverhandlung. Wie immer ist der erst genannte Preis jenseits der Realität.

Wir tanken nochmals auf, in Zimbabwe - so sagt man uns - sei der Preis für Treibstoff viel höher. Botswana verabschiedet sich von uns mit zahlreichen Elefanten - ganze Herden ziehen direkt vor uns über die Strasse und zwingen uns zum Anhalten.

Die Grenze erledigen wir so schnell und angenehm, wie noch selten. Es geht sehr herzlich zu und her, die Formalitäten sind eine Nebensache, im Zentrum steht ein nettes Geplauder. Der Polizist am Schlagbaum verzichtet auf die Inspektion unseres Autos - you are family, you are not suspicious…

Unmittelbar nach der Grenze sind wir im Nationalpark und folgen einer schmalen Piste durch den Busch. Es ist traumhaft schön und wir geniessen die Fahrt und erspähen da und dort ein Tier. Die Freude hält allerdings nicht lange an. Sämi stellt fest, dass der Druck auf dem Bremspedal wieder nachlässt. Er tritt die Bremse voll durch, ein Knackgeräusch ist deutlich zu hören. Dann ist der Druck ganz weg! Etwas muss gebrochen sein.

Wir öffnen die Kühlerhabe und sehen, dass an der gleichen Stelle wieder Flüssigkeit ausläuft! So ein Ärger! Ausserdem lässt sich die Verbindung jetzt von Hand hin und her bewegen, das ist kein gutes Zeichen! Wir stecken zu zweit kopfüber in der Motorhaube und versuchen mit Sealtape die Stelle zu verschweissen, während Olivia und Gian den Auftrag haben, nach möglichen Gefahren durch Elefant, Löwe und Co. Ausschau zu halten. Leider können wir das Tape nicht wunschgemäss anbringen und wir entscheiden uns nach Vicfalls zu fahren, was eigentlich nicht geplant war. Wir haben noch 100 km durch den Busch vor uns und dann nochmals 60 auf der Teerstrasse nach Vicfalls. Wir fahren also ohne Bremsen los, nur noch die Handbremse steht zur Verfügung. Die Fahrt wird sehr anstrengend! Im Busch geht es noch, da gibt es keine anderen Fahrzeuge. Auf der Teerstrasse ist das Verkehrsaufkommen hoch und ausserdem wird es dunkel. Wir starren in die Dunkelheit und hoffen, dass kein Elefant unsere Bahn kreuzt! Immer wieder tauchen unverhofft Fahrzeuge aus der Dunkelheit auf, welche ohne Licht fahren. Das macht die Sache auch nicht einfacher!

Schliesslich erreichen wir aber Vicfalls schadlos. Auf einem Camping checken wir ein und steuern gleich das Restaurant an, heute wird nicht mehr gekocht, wir sind alle zu müde dazu. Das Bier schmeckt nach so einer anstrengenden Fahrt herrlich.

Früh am Morgen nimmt Sämi das Bike und sucht nach einer Werkstatt. Ein Taxifahrer empfiehlt ihm eine Werkstatt in der Nähe. Da sind die Leute gerade am Aufstehen, putzen sich die Zähne und nehmen dann die Werkzeugkiste. Sämi soll in das Auto steigen, das Bike dort lassen, man würde gleich los. Die Werkstatt macht einen sehr improvisierten Eindruck und Sämi meint, er würde dann später mit dem Auto zur Werkstatt fahren. Schliesslich hört er von Mike, der sei der beste. Mike ist ein Weisser, der gerade eine Planiermaschine flickt. Die Werkstatt macht einen guten Eindruck und wir können gleich kommen.

Regi und die Kinder bleiben auf dem Camping und geniessen den Pool, Sämi bringt den Landy. Bei Mike angekommen, steigt der gerade in sein Auto und meint, er müsse los nach Zambia und schickt Sämi mit einem seiner Leute zu einer Werkstatt, nachdem er einen Blick in den Motorraum geworfen hat. Der Mechaniker nimmt die Leitung heraus, welche gebrochen ist. Er lacht und meint, dass er da schon Ersatz finden werde. Er geht also los und kommt nach fast einer Stunde strahlend zurück. Er hat eine passende Schraubverbindung gefunden und schweisst die Leitung zusammen. Die Reparatur gelingt, die Probefahrt ist erfolgreich und der Preis mit $ 30 moderat. Wir sind also wieder mobil!

Am Nachmittag besichtigen wir noch die Brücke bei den Vicfalls. Wir gehen zu Fuss hin, die Kinder auf dem Bike. Die Brücke ist imposant, die Wasserfälle sind aber kaum auszumachen, es hat zu wenig Wasser im Zambezi. Wir schauen beim Bungeejumping zu und sind froh, dass die springen und nicht wir müssen.

Wir wollen den Kariba-See sehen und fahren früh am Morgen los. Die Fahrt ist schön und abwechslungsreich. Es gibt viel zu sehen. Wir sind erstaunt, wie wenig Verkehr auf der Strasse anzutreffen ist, aber schliesslich ist ja Sonntag. Wir steuern die Masumu River Lodge an. Was wir antreffen, hätten wir nicht erwartet: Die Anlage ist wunderschön aufgebaut, viele Pflanzen und die Gebäude sind stilvoll gebaut. Zuoberst ist die Bar mit einer umwerfenden Aussicht über den Karibasee. Wir geniessen ein kaltes Bier und die Kinder den Pool. Der Manager, ein Holländer, will von uns wissen, wie wir weiter fahren wollen. Dabei erfahren wir, dass es im Moment in Zimbabwe keinen Treibstoff geben würde. Jetzt ist uns auch klar, warum wir so wenig Verkehr gesehen haben. Wir müssen uns heute Abend beraten, wie es weiter geht. Die geplante Route können wir vergessen, wir haben nicht genug Diesel für die Knapp 1000 km bis zur Grenze von Moçambique.

Nach Sonnenuntergang bereiten wir das Nachtessen zu. Wir teilen den Platz mit hunderten von Insekten und Ameisen. Am Morgen entscheiden wir uns, dem Kariba-See zu folgen und dann in Kariba nach Diesel Ausschau zu halten. Sollte es keinen Diesel geben, wechseln wir nach Zambia.

Die Fahrt nach Kariba ist herrlich. Die Landschaft ist hügelig und daher sehr abwechslungsreich. Immer wieder haben wir eine grossartige Aussicht. Unterwegs übernachten wir auf dem Senyati Bridge Campsite. Ein Schild an der Strecke finden wir nicht, nur eine Abzweigung auf den Hügel. Wir folgen der Abzweigung und sind gespannt, ob der Platz überhaupt noch in Betrieb ist. Auf dem Hügel treffen wir auf einen Mann. Er strahlt und lässt seine schiefen Zähne sehen. $ 10 pro Person möchte er haben. Wir schauen uns den Platz zuerst an. Die Dusche gibt es nicht, das WC hat kein Wasser (er würde bringen) und es gibt auch sonst nichts ausser einer schönen Aussicht. Wir kommen mit ihm zur Einigung, dass wir ihm $ 5 geben für alle zusammen. Den Betrag betrachten wir als eine soziale Gabe an die Community, welche nicht in der Lage ist, den von einem Inder gegründete Camping so zu unterhalten, dass er Geld einbringt. Kein Wunder ziehen hier die wenigen Reisenden lieber weiter. Schade eigentlich. Wir nehmen unseren Duschsack hervor und bauen uns unsere eigene Dusche. Ansonsten haben wir alles, was wir brauchen.

In der Nacht stürmt es, es beginnt sogar zu regnen. So etwas! Und das über einen Monat bevor die Regenzeit beginnen soll.

Die Fahrt nach Kariba ist - so wie der Tag zuvor - sehr schön. Wir besuchen unterwegs eine Schule. Olivia und Gian wollen nicht unbedingt mitkommen, doch die Lehrerin der Schule freut sich sehr über unseren Besuch und so kommen unsere beiden Kinder dann doch mit. Zuerst zeigt uns die Lehrerin das Zimmer mit Grade 1 und 2. Etwa 50 Kinder sitzen in diesem Zimmer, teilen sich zu viert eine Bank. Olivia und GIan stellen fest, dass jedes Kind nur einen Kugelschreiber und nur ein zerknittertes (teils zerrissenes) Heft vor sich liegen hat, sonst kein Schulmaterial. Auch die Zimmereinrichtung entspricht nicht ganz dem Standard, den wir uns aus Schweizer Schulzimmern gewohnt sind. Die vielen Kinder freuen sich über die Abwechslung und singen uns ein Lied vor. Wir sind begeistert! Dann sehen wir auch noch die anderen beiden Zimmer mit Grade 3 und 4 beziehungsweise 5 und 6. Die Kids sind sehr scheu! Die Lehrerin ist gerade alleine, die anderen beiden Lehrer seien weg. So ist sie also alleine für die etwas über 100 Schüler zuständig - nebenbei ist sie noch schwanger. Sie erzählt uns, dass sie ihr Gehalt pünktlich erhalten würde. Allerdings in der neuen Währung, welche bereits wieder unter der starken Inflation leiden würde. Mit ihrem Gehalt kann sie kaum mehr etwas kaufen, sie arbeitet also quasi gratis! Unglaublich, was das Volk in Zimbabwe durchmachen muss.

In Kariba angekommen, fahren wir durch die Hügel. Stattliche Anwesen aus vergangener Zeit stehen in grünen Gartenanlagen. Früher war Kariba ein Ferienort für wohlhabende Weisse. Heute ist alles im Zerfall. Die Anlagen werden von Schwarzen bewohnt, aber der Glanz von früher ist weg.

Auf dem Warthog Camping lassen wir uns nieder. Der Platz wird von sympathischen Schwarzen betrieben und ein bisschen Lebensqualität kann man nicht absprechen. Die meisten Gäste sind aus dem Ort und machen sich wichtig. Diesel sei unterwegs, so hören wir. Das WLAN ist so gut, dass wir sogar über das Netz telefonieren können.

Regi und Sämi fahren am frühen Morgen mit dem Bike los. Wir wollen herausfinden, ob es Diesel gibt. Wir kurven um die einst schmucken Villen herum, finden aber den Weg nicht. Nach dem Frühstück fahren wir mit dem Landy in den Ort hinein. Zwei Tankstellen teilen uns mit, dass sie keinen Diesel hätten, bei einer meint der Tankwart, ein LKW mit Diesel sei unterwegs und würde heute Nachmittag eintreffen. Wie sicher diese Information ist, können wir nicht beurteilen. Wir fahren an den Hafen und treffen da auf einen Mann. Wir kommen ins Gespräch. Er erzählt uns von der desolaten Situation in seinem Land. Ein Liter Speiseöl würde mittlerweilen 15 Dollar (US-Dollar) kosten, Brot und Trinkwasser gebe es gerade nicht mehr zu kaufen, das Mehl wäre sündhaft teuer. Die Versorgung funktioniere nicht mehr, das Spital hätte keine Medikamente mehr. Traurig stimme ihn, dass die Minister sich in Südafrika medizinisch behandeln liessen, quasi eine Bankrotterklärung! Er selber sieht, wie immer mehr Leute nach Sambia wegziehen, er hat keine Hoffnung auf eine baldige Verbesserung der Situation. Die Minister protzen öffentlich, wie sie in luxuriösen Villen leben und alles zum Leben haben, was man sich nur vorstellen kann. Das ist echt deprimierend!

Wir entscheiden uns, das Land zu verlassen und machen die Grenze nach Sambia.

Nach der Grenze füllen wir den Tank und fahren nach Lusaka. Hier lassen wir es uns gut gehen, geniessen Pool und einen freien Tag.

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Planänderung und Ferien im Paradies

Auf dem Eureka-Camping sind nicht nur Reisende anzutreffen, sondern auch Zebras, Giraffen und Antilopen, die sich frei auf dem Gelände bewegen. Erstmals treffen wir auf Langzeitreisende, so zwei Australier, welche mit ihrem Toyota und einem Anhänger unterwegs sind und einen Holländer, welcher mit dem gleichen Landrover auf Achse ist, wie wir einen haben. So tauschen wir Erfahrungen und Tipps aus.

Wir tun uns schwer mit der Weiterreise. Vorgesehen haben wir, dass wir bei Mlolo die Grenze nach Moçambique machen, dann über Tete nach Quelimane ans Meer fahren. Von da an wollen wir immer der Küste bis nach Mombasa folgen. Wir schauen uns die Karte an und sind plötzlich unsicher. Die Distanzen sind gross, ansprechende Übernachtungsmöglichkeiten sind rar und wir haben wenig Informationen über den Zustand der Strassen. Wir fangen an, Alternativen zu prüfen. Wir können über Chipata nach Malawi und dann dem Malawi-See nach Norden folgen, so wie wir das letzte Mal in entgegengesetzter Richtung gefahren sind. Oder wir nehmen den Great-Northern-Highway und überqueren bei Nakonde / Tunduma die Grenze nach Tansania. Die Kinder sollen auch mitreden. Für Gian ist es vor allem wichtig, dass er seinen Geburtstag am Meer feiern kann. Ansonsten sind beide für eher wenig fahren, so entscheiden wir uns für die letzte Möglichkeit. Allenfalls können wir so noch in den Nordluangwa-Park.

Im Wissen darum, dass die Versorgungslage je länger desto schwieriger wird, kaufen wir in Lusaka nochmals ein. Der Great Northern Highway ist die Hauptverkehrsader von Sambia: Alle Importprodukte aus Tansania kommen über diese Achse ins Land. Es reiht sich ein LKW an den anderen. Oft sind sie heillos überladen, so dass die Zugmaschine mit dem Gewicht gefordert ist, vor allem dann, wenn es aufwärts geht, dann kriechen die Lastwagen im ersten Gang im Schritttempo die Steigung hinauf. Hinunter muss dann die Motorbremse arbeiten, somit geht es auch wieder im Schneckentempo abwärts. Für uns heisst das, wir müssen immer wieder eine einigermassen günstige Gelegenheit abwarten um zu überholen und kommen entsprechend langsam vorwärts.

Unterwegs übernachten wir im Forest Inn, in der Nähe von Mubalashi. Der Platz gehört einer schwedischen Familie und ist nett hergerichtet. Es hat geregnet und die Luft ist reingewaschen. Früh am Morgen brechen wir auf und fahren weiter. Wir haben noch viele Kilometer vor uns. Wir kommen ganz nahe an die Grenze zum Kongo, nur ein paar hundert Meter trennen uns vom Kongo. Am Nachmittag kommen wir in die Nähe der Matinodo Wilderness Lodge. Die Kinder haben genug vom Fahren, wir eigentlich auch. So fahren wir die 25 Kilometer in den Wald hinein, in Richtung South Luangwa National Park. Die Lodge hat eine Fläche von 10’000 ha und liegt in einer fantastischen Landschaft. Leider ist der Preis auch ziemlich gesalzen. Die Besitzerschaft ist sich der Monopolstellung in diesem Gebiet offensichtlich bewusst. Der Platz ist ok und wir bleiben. Zu Fuss gehen wir an den nahegelegenen Fluss, fahren Kanu und baden. Während Olivia und Sämi im Kanu sitzen, beginnt es zu regnen. Sind das die ersten Anzeichen der nahenden Regenzeit? Der Regen lässt aber gleich wieder nach. Während wir unser Nachtessen vorbereiten, beginnt es jedoch wieder zu regnen - nun aber richtig: Die Schleusen am Himmel werden ganz geöffnet. Zum Glück ist das Feuer schon so gross, dass es nicht erlischt, wir stehen beim WC-Häuschen unter. Der Regen hört auf und wir machen weiter mit den Vorbereitungen für das Essen und schon kommt der nächste Regen daher, es ist zum Verzweifeln! Wir entschliessen uns, unsere Markise aufzuspannen, damit wir wenigstens am Trockenen essen können. Auch in der Nacht regnet es immer wieder.

Vor Sonnenaufgang stehen Regi und Sämi früh auf. Wir wollen joggen gehen und auf den höchsten Punkt in der Umgebung. Die Vögel zwitschern und überall dampft es aus der feuchten Natur. Gut 400 Höhenmeter weiter oben sind wir auf einem Granitrücken angelangt. Die Sicht ist super und wir sehen bis weit in den South Luangwa NP. Weit und breit ist nur Natur zu sehen, keine menschliche Spuren.

Bis wir dann das Frühstück gegessen, das Zelt getrocknet, die Bikes aufgeladen und alles verräumt haben, ist es schon wieder spät geworden. Der starke Regen von letzter Nacht hat die Pisten stark aufgeweicht und es ist uns schnell klar, dass wir den North Luangwa NP unter diesen Umständen besser meiden. So fahren wir auf direktem Weg Richtung Grenze, zum Schluss wird die Strasse saumässig schlecht. Ein Schlagloch reiht sich an das nächste. Die Löcher sind so tief, dass sie nicht mehr durchfahren werden können. Wir kommen nur noch langsam vorwärts, fahren immer wieder neben der Strasse, müssen lange hinter LKW’s warten und uns von den tollkühnen Busfahrern in Acht nehmen, welche ungeachtet der widrigen Strassenverhältnisse in horrendem Tempo unterwegs sind. Bei Dunkelheit kommen wir im Kings Highway Guesthouse an. Wir werden herzlich empfangen. Ziemlich müde kochen wir noch das Nachtessen und gehen dann schlafen. Die Grenze sei sehr aufwändig und kompliziert, so warnt man uns.

In Nakonde, dem Grenzort, geht es sehr afrikanisch zu und her. Das quirlige Leben spielt sich auf der Strasse ab. Hunderte von LKW’s stehen herum. Wir investieren noch alle Kwacha in Diesel. Wir lassen uns den Rat geben, wir sollen erst die zweite Tankstelle nehmen, die erste würde den Diesel häufig mit Wasser anreichern… An der Tankstelle steht ein kleiner LKW mit etwa 50 Personen auf der Pritsche. Alle singen und tanzen. Was fröhlich ausschaut, ist aber eine Trauergemeinde unterwegs auf eine Beerdigung. Kurz vor der Grenze wird es plötzlich hektisch. Wir sind umringt von Männern, die uns über die Grenze helfen wollen. Jeder will es besser machen als der andere, die Stimmung ist gereizt: Jeder will das Geschäft machen. Wir schicken die Männer weg, erklären ihnen, dass wir die Grenze alleine machen können und wollen. Die Ausreise aus Zambia ist tatsächlich einfach: Wir stempeln das Carnet ab und fahren dann in die Grenzstation, welche Zambia und Tansania gerade am fertigstellen ist, ein. Wir stempeln an einem Schalter die Pässe ab, dann wollen die Behörden von Tansania die Gelbfieberimpfung sehen. Am nächsten Schalter beginnen die Vorbereitungen für das Visum. Wir füllen die Formulare aus und werden dann zur Bank geschickt, um die Visabeiträge einzuzahlen. Dann warten wir lange auf das Visum. Die Kinder kriegen Hunger und wir holen etwas zu essen aus dem Auto. Einer der Männer, der uns helfen will, schickt Sämi zu einem weiteren Schalter, um das Carnet zu machen. Sämi wird hinter den Schalter geschickt und steht bei einem Bürotisch an. Was für ein Gedränge ist das hier! Keiner weiss, was zu tun ist, all die Grenzgänger sind gleich verloren wie Sämi. Plötzlich winkt ihn ein Mann zu sich an den Tisch. Er beginnt, das Carnet in den Computer abzutippen. Das 10-Finger-System hat er nicht gelernt… Immer wieder klingelt eines seiner beiden Mobiltelefone, was den Prozess nicht beschleunigt. Regi und die Kinder sind beim Visum einholen. Da auch meine biometrischen Daten gefragt sind (Fingerprints), müssen wir wechseln. Regi hütet das Carnet und Sämi holt sein Visum ab. Dann ist plötzlich wieder warten angesagt. Das System sei hängen geblieben, die Computer machen schlapp. Wir warten. Später werden wir wieder gerufen, es gehe weiter. Regi und Gian gehen mit einem Dealer los, die COMESA (Versicherung für Ostafrika) zu machen, die ist ausserhalb des Grenzbereiches, irgendwo in einem Hinterhof, zu machen. Der Mann mit dem Carnet druckt ein Blatt aus und schickt Sämi damit zur Bank. Die Road-Tax ist zu zahlen. Das heisst, im ATM Geld abheben, auf der Bank anstehen, einzahlen und zurück. Endlich ist das Carnet fertig und der richtige Stempel auf dem Kontollblatt. Regi und Gian kommen auch zurück. Während sie auf die Versicherungskarte warten mussten, konnten sie dem geschäftig-bunten Treiben der Strassenhändler, Handwerker, Tuk-Tuk-Fahrer etc. zuschauen. Endlich können wir gehen. Fast drei Stunden haben wir für die Grenze gebraucht.

Karibu in Tansania! In Tansania ist die Strasse wieder etwas besser. Wir sind froh. Wir wollen noch über Mbeya hinaus, was unproblematisch scheint. In Mbeya stehen wir plötzlich im Verkehrschaos fest. Stau! Die vielen Tuk-Tuk kurven halsbrecherisch am Verkehr vorbei, krachen durch Löcher und überwinden Schwellen. Die Abgase hängen in der Luft und das Gedränge auf der Strasse ist unglaublich. Wir mitten drin. Über eine Stunde brauchen wir für ein paar hundert Meter. Langsam wird es dunkel. Wir wollen noch ins Riverside, ein von einer Community betriebenen Übernachtsungsplatz. Fahren in der Nacht sollte ja eigentlich vermieden werden. Aber hier hat es schlicht zu viel Menschen für ein Buschcamp. In Chimala kommt dann die Abzweigung zum Camp. Eine Kordel hängt über der Strasse, wir warten. Ein junger Mann öffnet und fragt uns, wo wir hin wollen. Zum Community Camp. Er nimmt sein Telefon und ruft jemanden an, dabei winkt er uns durch. Wir fahren ein paar Kilometer von der Strasse weg. Dank GPS finden wir den Platz. Wir sind ganz alleine und sind zuerst nicht ganz sicher, ob das richtig ist. Ausser einer Grasfläche an einem Fluss hat es nichts. Ein Häuschen etwas oberhalb entpuppt sich als WC. Wir sind also richtig. Wir beginnen uns einzurichten. Dann kommen zwei junge Männer daher und stellen sich vor. Sie betreiben den Camping. Ein paar Minuten später haben sie uns ein Feuer entfacht. Der Platz ist sehr schön, wir hören das Rauschen des Flusses und die Grillen zirpen. Regi kocht ein Steinpilzrisotto, wir geniessen das kühle Bier. Auf der Glut des Lagerfeuers backen wir wie meistens frisches Brot.

Am Morgen ist Mathew, einer der beiden, früh wieder da. Er umsorgt uns, hilft wo er nur kann und verschwindet diskret, sobald wir uns an den Tisch setzten. Am Fluss zeigt er uns einen Wasserfall und seltsame Löcher im Granit. Die sehen aus wie Gletschermühlen.

Auffallend grün ist es in Tansania! Die Strasse ist neu gebaut und in bestem Zustand. Leider reiht sich Dorf an Dorf. In jedem Dorf gibt es Temposchwellen. Auch fällt uns auf, dass es viel Polizei auf der Strasse gibt. Vor Iringa überholt Sämi einen LKW. Die doppelte Sicherheitslinie stört ihn wenig. Auf der Kuppe winkt uns dann ein Polizist heraus. Er hat die Sicherheitslinie sehr wohl gesehen. Wir lenken das Gespräch weg vom Vergehen. Er will wissen, woher wir sind, wohin wir wollen und dann entdeckt er noch die Kinder. Die Freude ist gross. Die 30’000 Schilling (etwa Fr. 13.-) gehen dann plötzlich «vergessen». You can go! Auch gut. Asante sana!

In Iringa füllen wir den Tank und kaufen ein. Ein Supermarkt finden wir nicht, dafür gibt es einen Markt mit wunderbaren Früchten. Ausgangs Iringa stellt sich eine grimmige Polizistin in unseren Weg und hält uns auf. Regi macht das Fenster auf, sie schnautzt uns an: Why don’t you stop at the zebra? - We always stop at the zebra, when pedestrians are crossing, entgegnet Regi. Die Polizistin hält uns zwei Biskuits hinein, beginnt zu lachen und wir reden über das Woher und Wohin. You can go! Asante sana!

Nach Iringa empfiehlt T4A den Riverside Camping. Die Anlage soll von einer Engländerin betrieben werden. Wie wir ankommen, stellen wir schnell fest, dass die Engländerin nicht mehr da ist. Der hochgelobte Platz hat seine Glanzzeit hinter sich und die Qualität ist massiv gesunken, dafür ist der Preis gestiegen. Diese beiden Anzeichen weisen darauf hin, dass der neue Besitzer ein Local ist. Regi verhandelt und siehe da, der Preis ist dann nicht mehr ganz so hoch. Wir bleiben. Schade ist, wie diese einst schöne Anlage zielsicher dem Untergang entgegen steuert. Wenn der Unterhalt nicht mehr gemacht wird, dauert das nicht lange. Schade! Olivia und Gian haben vor allem an Pauline ihre Freude, der Hund ist wirklich witzig!

Jetzt freuen wir uns aber auf die Tan-Swiss-Lodge bei Mikumi. Vor fast sieben Jahren waren wir dort und haben das Werk von Joseph aus dem Muotathal bewundert. Zuerst müssen wir noch ziemlich absteigen. Wir kommen vom Hochplateau (1600 müM) ins tiefere Land (600 müM). Diese Strecke ist berüchtigt für die vielen Unfälle. Unterwegs kaufen wir Bananen, die hier überall in Massen angeboten werden. Die Früchte sind zuckersüss und kosten fast nichts. Wir kommen gut durch und sind schon früh beim Tan-Swiss. Joseph ist noch nicht da, er würde kommen. Er hat unterdessen einen grossen Pool gebaut, in welchen Olivia und Gian sofort baden gehen. Es ist bewölkt und eher kühl, so dass Regi und Sämi dankend verzichten. Später kommt Joseph, er freut sich sehr über den Besuch aus der Heimat. Am Abend essen wir Rösti und Älpler Maccaronen. Die Kinder wollen unbedingt einen Tag bleiben, was wir uns von der Zeit her gut leisten können.

Olivia verbringt fast den ganzen Tag im Pool. Regi und Sämi fahren mit dem Velo nach Mikumi. Hier werden vor allem LKW’s gewartet. Neben der Strasse sehen wir uns die Märkte an und streifen durch die Häuser und Hütten. Das Leben geht hier schon sehr einfach zu und her, ein paar hundert Meter weiter steht das Tan-Swiss mit all seinem Komfort, krasser Gegensatz!

Joseph erzählt uns von seinem Leben hier. Er hat sich gerade von seiner letzten Frau getrennt, die ihn fast Besitz und sogar das Leben gekostet hat. Diese Geschichte ist jetzt abgeschlossen, jetzt legt ihm die neue Regierung überall Steine in den Weg. Er fragt sich, warum er überhaupt noch bleiben soll. Er beschäftigt immerhin einige Leute und zahlt Steuern. Wie wir auch auf unserer letzten Reise gesehen haben, ist es keine einfache Angelegenheit, in Afrika Geschäfte zu machen. Korruption und Willkür sind an der Tagesordnung, vieles ist unsicher.

Jetzt zieht es uns ans Meer, ausserdem naht Gians Geburtstag. Dazu hat er klare Vorstellungen: Er möchte den ganzen Tag am Meer sein. Joseph warnt uns vor Daressalam, der Verkehr hätte in den letzten Jahren extrem zugenommen. Wir müssen einkaufen und er gibt uns einen Supermarkt in Morogoro an, der eigentlich alles hat, was man braucht. So könnten wir Dar umgehen. In Morogoro fahren wir an diesem Supermarkt vorbei. Wir schauen uns nach einem grossen Gebäude um, das gibt es aber nicht. Erst auf den zweiten Anlauf finden wir den Supermarkt, ein relativ kleines Geschäft betrieben von einer indischen Familie. Die Preise sind gesalzen, das Angebot eher klein aber dennoch fein (wie wir erst später realisieren).

Wir entschliessen uns, doch in Dar einzukaufen - ein triftiger Grund ist der Geburtstagskuchen von Gian, den wir in Morogoro nicht bekommen konnten. Die Mall liegt nicht im Zentrum, so können wir also das Schlimmste umgehen. Die Zufahrtstrasse nach Dar ist jedoch ziemlich gut befahren und wir brauchen schliesslich doch sehr lange. Die Mall ist modern, das Angebot dürftig. Aber immerhin: Einen Geburtstagskuchen (wenn auch nur einen kleinen) können wir finden! Wir beeilen uns, wir wollen noch nach Bagamoyo. Auch heute kommen wir wieder erst bei Dunkelheit an. Die Gartenanlage der Traveller’s Lodge ist umwerfend gross und schön. Wir essen im Restaurant und freuen uns auf ein Bad im Meer am Morgen.

Regi und Sämi gönnen sich kurz nach Sonnenaufgang das ersehnte Bad im Meer. Gian ist auch früh auf, er ist aufgeregt, heute ist sein Geburtstag. Gian freut sich vor allem aber über die neue Uhr mit allerlei Funktionen. Die Lodge ist nicht so ausgerichtet auf Camper, wir wollen weiter, auch wenn Gian seinen Geburtstag eigentlich autofrei feiern wollte. Wir fahren noch zum Fischmarkt, da wo früher die Sklaven auf die Schiffe verladen wurden. Die Gebäude aus dieser Zeit stehen immer noch. Wir könnten die schönsten und grössten Fische kaufen, wenn wir nur den Platz hätten. Ausserdem gibt es Hummer und Langusten zu tiefsten Preisen zu kaufen. Bis wir dann auch noch den Craftmarkt hinter uns haben ist es Mittag… Wir wollen noch zum Peponi, rund 300 km. Ausserhalb von Bagamoyo überholt Sämi und wird einmal mehr von der Polizei herausgewunken. 68 statt 50 km/h zeigt die Kamera an. Zum Glück sagt der Polizist nichts von der Sicherheitslinie. Er will dann noch den Ausweis sehen und meint, es koste 30’000 Schilling. Sämi bringt ihm das Geld. Er will dann wissen, woher wir kommen, was Sämi arbeitet und so weiter. Sämi streckt ihm das Geld entgegen. Er nimmt es nicht an, meint, Sämi soll seine Geschwindigkeit künftig anpassen. So ganz verstehen wir die Sache nicht. Der andere Autofahrer, ein weisser Pastor, muss zahlen (allerdings mit seinem Fahrausweis in Kreditkartenformat aus Tansania). Vielleicht ist es mühsam, Bargeld abzurechnen?

Die eigentlich kurze Fahrt nach Tanga dauert den ganzen Tag lang. Die Strasse ist kurvig, überholen kann man fast nicht und der Verkehr ist sehr langsam unterwegs. Zudem reiht sich Dorf an Dorf, das durchfahren werden muss. Dafür bringt dies viel Abwechslung, viel Unterhaltung und hin und wieder spontan-nette oder witzige Begegnungen, einmal mit einem Polizisten, der auf unser Geschenk gewartet hat… Aber so zügig wie in dünn besiedelten Ländern wie Namibia und Botswana kommen wir definitiv nicht mehr voran! Kurz vor Tanga werden wir wieder von der Polizei aufgehalten. Ein dicker Polizist behauptet, wir wären zu schnell gefahren und müssten sofort eine Busse bezahlen. Das aber ohne Speedkamera-Beweis. Wir sind uns sicher, dass wir beim Ortseingang nicht zu schnell waren. Wir lenken das Gespräch zu Gians Geburtstag und der plötzlich freundliche Beamte lässt uns weiter ziehen!

Endlich kommen wir im Peponi an. Die Sonne ist gerade untergegangen. Wir werden herzlich empfangen. Der Besitzer hätte gewechselt. Als wir das letzte Mal da waren, war ein Engländer hier, der war damals schon über 70 Jahre alt.

Es weht ein frischer Wind durch das Peponi! Die Bar am Meer ist wirklich schön geworden und ladet ein! Das Restaurant sei abgebrannt, das neue sieht super aus und die Bar im oberen Stockwerk hat eine wunderschöne Aussicht auf den Strand. Wir sind einmal mehr am richtigen Ort gelandet um ein paar Tage Ferien zu machen.

A propos Ferien: So ganz Ferien ja nicht. Immerhin müssen Gian und Olivia für die Schule arbeiten. Nicht immer geht das ganz einfach.

Tage am Meer, letzte Grenze und Abschied

Wir bleiben eine ganze Woche im Peponi. Das Leben am Meer gefällt uns: Bei Tagesanbruch um ca. 6 Uhr nehmen wir ein erstes Bad am Meer. Die Ruhe zu dieser Zeit ist unbeschreiblich schön. Es ist bereits so warm, dass wir uns im Wind trocknen lassen. Das Frühstück geniessen wir auf unserem Balkon (so nennen wir den leicht erhöhten Platz unter den Ästen mit Blick auf das Meer).

Ansonsten tun wir das, worauf wir gerade Lust haben. So lassen wir uns mit einer Dhau auf eine Sandinsel segeln. Wir sind beeindruckt, mit welcher Ruhe die drei Seeleute zusammen arbeiten. Die drei sind - wenn sie nicht im Auftrag des Peponi unterwegs sind - Fischer und ihr Leben spielt sich auf dem Meer ab. Auf der Sandinsel schauen wir den Fischern aus dem Dorf zu. Sie holen gerade das Netz ein, welches sie am Abend zuvor ausgebracht haben. Sie winken uns, wir sollen mithelfen. Bei dieser anstrengenden Arbeit wird geschwatzt, Witze gemacht, gesungen und gelacht. Ein Mann klatscht aufs Wasser, damit die Fischschwärme nicht aus dem Netz flüchten können. Der Ertrag ist in Ordnung - ein Sack voll Fische für die ca. 20 Männer. Früher, als die japanischen Fischkutter noch nicht mit hochtechnologischen Fangmethoden in diesen Gewässern die Meere leerfischten, sei der Ertrag deutlich grösser gewesen.

Regi und Sämi fahren an einem anderen Tag mit dem Velo in ein gut 10 km entferntes Dorf am Meer. Die Piste dahin ist in einem schlechten Zustand und das Dorf liegt am Ende der Piste. In diesem Dorf geht es sehr einfach zu und her. Es gibt nicht viel Luxus, die kleinen Läden stellen ihr bescheidenes Sortiment aus, die Ziegen, Hühner und Esel streifen durch die Gassen und die Leute spielen Domino im Schatten. Auf dem Velo fühlen wir uns nicht so exotisch, Velos haben sie hier auch. Wir werden überall freundlich gegrüsst. Einmal mehr sind die Orte, welche noch nicht vom Tourismus verseucht sind, am angenehmsten zu bereisen!

Sämi’s Haare sind gewachsen und sollten geschnitten werden. Der Coiffeur vom Cafonia Cuts (meinte er wohl California Cuts???) nimmt sich der Sache an. Der Coiffeur macht einen aufgeregten Eindruck, seine Kundschaft ist normalerweise schwarz und die Haare gekraust. Der Schnitt gelingt, Sämi ist zufrieden, der Coiffeur sowieso. Die vielen Zuschauer nicken anerkennend, ihr Coiffeur hat erfüllt. Wir fragen nach dem Preis und können es kaum fassen: 1000 Schilling will er, das sind gerade mal 0.5 Franken!

Der Früchtehändler kennt uns auch schon und gibt gerne die schönsten Früchte mit. Wir kaufen für Fr. 2.- einen Besen (weil er so schön gemacht ist, nicht weil wir einen bräuchten…).

Nach einer Woche zieht es uns weiter. Wir wollen genug Zeit haben, die Grenze nach Kenya zu machen und schliesslich soll der Landy in ein paar Tagen bei DB Schenker abgegeben werden. Das schöne Peponi verliert dann zum Schluss doch noch etwas an Glanz: Sie verrechnen uns $ 10 für den Grill, den sie uns für einen Abend ausgeliehen haben! Das sind 20 x Haareschneiden!!! Wir sind so fassungslos ob diesem krassen Missverhältnis, dass wir nicht mal reklamieren.

Wir lassen also das Peponi hinter uns und füllen in Tanga mit den letzten Tansania-Schillingen noch den Tank. Ausserhalb Tangas werden wir von der Polizei angehalten. Was ist jetzt wieder los? Der Officer will wissen, warum wir beim Zebrastreifen nicht angehalten hätten. Warum sollten wir, da war kein Mensch! Er will uns dafür büssen - 30’000 Shilling only. Einmal mehr macht uns dieser unsinnige Machtmissbrauch zu schaffen. Diese Willkür ist einfach unverständlich. Schliesslich droht er uns noch mit dem Gericht. Wir verwickeln ihn in eine lange Diskussion, erzählen davon, dass wir kein Geld mehr hätten, weil wir ja nach Kenya ausreisen wollen. Schliesslich wird es ihm dann doch zu anstrengend und er schickt uns weg.

Die Grenze nach Kenya ist schnell gemacht. Die vielen Männer, die uns dabei helfen wollten, schicken wir weg, leider können sie mit uns kein Geschäft machen. Die Beamten in Kenya sind ausgesprochen freundlich, wir können das über den Polizisten aus Tansania gebrauchen! Nach der Grenze gibt es viele Polizeikontrollen. Nach den Terroranschanschlägen im 2013 und 2014 wurden die Kontrollen auf den Strassen massiv erhöht. Die Kontrollen laufen anders ab als in Tansania: Hier fragen sie nach dem woher und wohin und dem Zweck der Reise. Manchmal wollen sie dann noch ein Geschenk von uns. Wir lachen laut und fragen sie, warum sie nicht uns ein Geschenk geben wollen. Verlegenes Grinsen und wir fahren weiter. Irgendwie ist das schon ein unwürdiger Kindergarten!

Wir steuern als erstes Shimoni an. Dazu müssen wir von der Strasse weg und einer Buschpiste folgen. Die Chinesen sind gerade daran, aus dieser Piste eine Strasse zu bauen. Wir schaukeln eine gute Stunde über die Piste und kommen ans Meer. Die Lodge ist hübsch gemacht, grosse Bäume und dichtes Grün überall. Wir fühlen uns aber eingeengt und sind gar nicht so begeistert. Als dann noch der junge Hund auf Olivia losgeht (ja, er wollte nur spielen), vergeht Olivia die Lust am Baden - und das will etwas heissen! Der Hund springt nämlich in den Pool und schnappt immer wieder nach Olivia. Der Familienrat ist kurz, wir bleiben nur eine Nacht! Man bietet uns eine Bootstour an, auf welcher wir garantiert auf Delfine treffen würden. Weiter sei das Meerreservat eines der schönsten und sie würden uns einen tollen Preis machen. Aber dieser Preis ist zu wenig verlockend, als dass man uns umstimmen könnte und so fahren wir am nächsten Morgen los. Die Tiwi-Beach ruft!

Nach kurzer Fahrt erreichen wir Ukunda, eine umtriebige kleine Stadt. Wir füllen das letzte Mal unsere Vorräte auf. Wir sind erstaunt, wie unterschiedlich die Versorgunsmöglichkeiten zwischen Kenya und Tansania sind. Selbst in Daressalam konnten wir nur mit Mühe im Mlimani Shopping Centre einkaufen, in The Gate Mall in Ukunda finden wir schon fast alles! Anschliessend fahren wir zur Twiga Lodge. Dahin führt eine kleine Piste voller Löcher. Der Camping Platz liegt direkt am Meer in einer schönen Anlage mit vielen grossen Bäumen (Baobab und Palmen). Das Restaurant und die WC-Anlage haben schon bessere Tage gesehen, das Personal ist aber ausserordentlich freundlich und der Strand mit seinem weissen Sand ist umwerfend schön.

Drei Tage geniessen wir das Meer und die Umgebung. Wir fahren mit einem Tuktuk an die Diani Beach um zu schnorcheln. Das Riff ist voller prächtiger Seesterne. Fische in allen Formen und Farben tummeln sich in den Korallen und lassen sich aus nächster Nähe beobachten. An unserem Strand zeigt uns ein Local den Nistplatz einer Meeresschildkröte. Er meint, wir könnten Glück haben und die kleinen schlüpfen sehen. Er würde uns informieren. Leider lassen sich die Schildkröten Zeit und wir kriegen sie nicht zu sehen.

Am Donnerstag, 8. November 2018 stehen wir früh auf. Regi und Sämi geniessen einen letzten Spaziergang am Strand und dann müssen wir packen. Mit der Spedition ist abgemacht, dass wir um 14 Uhr in Mombasa das Auto abgeben. Mit etwas Wehmut klappt Sämi das letzte Mal das Dach hinunter. Wann werden wir das nächste Mal im Landy schlafen? Die Kinder sind nicht unglücklich. Ihr Schlafplatz im Landy ist etwas eng und deshalb freuen sie sich auf die letzte Nacht im Hotel.

In Mombasa angekommen erwartet uns nochmals ein grosses Verkehrschaos, so dass Sämi immer wieder den Kopf schütteln muss: Die überholen links und rechts, nur um vor uns wieder anzuhalten. Schliesslich müssen wir noch auf die Fähre. Die Überfahrt ist aber problemlos, wir haben deutlich mehr Zeit eingeplant. Wir sind dann fast eine Stunde früher bei der Spedition. Salomon Muema empfängt uns freundlich. Der Container sei bestellt aber noch nicht da. Ausserdem erwarte er noch drei Spezialisten, welche aus Nairobi anreisen, um unseren Landy einzupacken. Das ist aber ein grosser Aufwand. Er schlägt uns vor, das Auto abzustellen, dann könnten wir los. Wir wollen aber beim Verladen dabei sein und so müssen wir dann am Freitag nochmals kommen. Es wäre ja auch zu schön gewesen, wenn das auf Anhieb geklappt hätte…

Das Hotel liegt direkt am Creek und wir geniessen den Pool. Am Freitagmorgen fahren wir nochmals durch die ganze Stadt zur DB Schenker. Die Spezialisten sind eingetroffen. Die drei sind 8 Stunden gefahren, nur um unser Auto zu laden - so was! Sie machen einen fitten Eindruck. Sämi erklärt ihnen, wie sie die Kisten vom Dachträger lösen müssen und was es sonst noch alles zu beachten gibt. Schliesslich verabschieden wir uns vom Landy und wünschen ihm gute Reise. Unser Taxi bringt uns durch Momabsa zum Flughafen.

Wir sind viel zu früh da, es ist kurz vor zwölf Uhr und unser Flug geht erst um fünf Uhr. Die Wartezeit wirkt besonders lang, der Flughafen hat nicht viel zu bieten. Immerhin hat es an der Bar knapp zehn Sandwiches, zwar schon vor zwei Tagen abgepackt und teuer sind sie auch noch… Wir wollen jetzt heim. Mit einer brandneuen Maschine von Ethiopian Airways fliegen wir nach Addis Abeba, um Mitternacht geht schliesslich der Flug nach Frankfurt. In Frankfurt glänzt alles! Alles ist ganz und Shops hat es im Überfluss. Wir sind aber müde. Dann hat unsere Maschine nach Zürich eine Störung und wir müssen nochmals zwei Stunden warten, bis uns eine Ersatzmaschine nach Zürich fliegt. Der Herbst empfängt uns in seiner ganzen Pracht. Schön wieder zu Hause zu sein! Karibu!