Toubab

Letzte Tage in der Türkei: von Gewitterregen am Euphrat, herzlichen kurdischen Bauern und einer grossen Überraschung am türkischen Zoll

Nach einem letzten Morgenschwumm im südtürkischen Meer (sooo herrlich!) starten wir erfrischt und erholt am Samstag, 3. September auf eine lange Etappe bis in den Südosten der Türkei. Das Ziel ist der Euphrat, so dass wir am Sonntag bald in Sanliurfa sind, um da wieder mal etwas Geschichtsunterricht zu erleben. Bei grosser Hitze ist die Fahrt doppelt mühsam. Zum Glück finden wir eine klimatisierte Migros und machen uns ganz euphorisch auf Einkaufstour. Und es kommen ein wenig Heimwehgefühle auf, als wir das riesige Sortiment und v.a. uns bekannte Migros-Marken-Produkte sehen. Der Einkaufswagen füllt sich entsprechend schnell – bald muss noch ein zweiter her (wenigstens herrscht so kein Streit mehr zwischen den Kindern, wer den Wagen schieben darf).

Mit den neuen Vorräten geht’s weiter ostwärts. Der Euphrat ist noch weit und wir haben eigentlich genug der langen Fahrerei. Aber bevor wir uns mit einer Übernachtungsmöglichkeit „im Busch“ auseinandersetzen, staunen wir nicht schlecht, als es plötzlich zu regnen beginnt. Ein Gewitter zieht auf. Wir bewundern ein regelrechtes Blitz-Schauspiel und Olivia und Gian vergessen für ein paar Minuten, dass sie immer noch Auto fahren müssen.

Und so erreichen wir Birecik und passieren da ein Motel, das auf dem Schild sogar ein «Autokamp» anbietet. Wir reissen einen Stopp und fragen nach. Leider hat das «Autokamp» nur eine sehr schmale Einfahrt zum Garten und ist nichts für unsere Kragenweite. Aber die netten Motelbetreiber bieten uns an, bei der angrenzenden Tankstelle zu übernachten. Ohne Kinder würden wir das Angebot wohl annehmen, aber unseren beiden bewegungs- und spielfreudigen Kindern wollen wir das Spielen auf dem verölten und abfallübersäten Platz an der lärmigen Hauptstrasse nicht zumuten und ziehen daher das Weitersuchen nach einem geeigneteren Platz vor.

Und schon überqueren wir bei schönster Abendstimmung den Euphrat. Wir wissen auch nicht warum, aber das Überqueren von grossen Flüssen, die in unseren Geografie- und Geschichtsunterrichtsstunden immer wieder zur Sprache gekommen sind, lässt unsere Herzen jeweils höher schlagen. Wenige km nach dem Städtchen mögen wir definitiv nicht mehr weiter fahren.

Und so schlagen wir einen Feldweg ein, der zu einer Baumkultur führt. Zwei Männer sind da am ernten. Als sie uns sehen, reissen sie die Arme auf und heissen uns willkommen. Mit Händen und Füssen erklärt Sämi, dass wir hier gerne übernachten möchten. Sofort zückt der ältere der Männer das Handy und telefoniert (wahrscheinlich mit dem Landbesitzer). Und dann winkt er uns mitten in die Kultur hinein. Der Motor ist noch nicht abgedreht, steht der Mann neben uns, in der Hand eine Plastiktüte voller frisch geernteter Pistazien.

Pünktlich zum Sonnenuntergang über dem Euphrat haben wir ein angenehmes Nachtlager gefunden. Nach einem feinen Znacht (Migros-Spiessli vom Grill) kommen die Männer wieder zu uns (und noch zwei dazu, ist ja klar) und setzen sich an den Tisch und die Frau im Haus macht Tee. Zum Glück haben wir uns noch mit türkischem Tee eingedeckt – wie wenn wir’s geahnt hätten. Am meisten freut die Männer aber das Schweizer Schöggeli (Danke Andrea und EW!) mit Foto-Sujets aus unserer Heimat auf der Verpackung, das sie aber nicht essen, sondern in die Brusttasche ihrer Hemden verschwinden lassen. Einer spricht ein wenig Englisch, aber für mehr als über italienischen Fussball zu sprechen reichts nicht. Immerhin finden wir noch heraus, dass sie Kurden sind. Jedenfalls sehr freundliche Leute.

Wir gehen beruhigt ins Bett im Wissen, dass wir hier ganz sicher sind. Nach einer ruhigen Nacht werden wir früh von einem Klopfen aus den Federn gerissen: Die Männer stehen schon wieder da. Als wir die Türe öffnen, strecken sie uns eine neue Tüte Pistazien entgegen. Als Gegenleistung gibt’s einen Chai (Tee) von der Hausfrau. Es wird schnell heiss hier und wir räumen zügig auf und fahren los.

Sanliurfa ist bald erreicht und die Abraham-Gedenkstätte (oder Ibrahim Khalil, wie er hier genannt wird) ist schnell gefunden. Denn dies scheint ein wichtiger Ort zu sein für die Muslime der näheren und weiteren Umgebung. Viele Autobusse mit türkischen aber auch iranischen und syrischen Kennzeichen machen hier Halt. Wir finden einen bewachten Platz auf dem Busparkplatz und machen uns beruhigt auf, die Stätte, wo Abraham auf den Scheiterhaufen kam, aber Gott das Feuer zu Wasser und das Holz zu Karpfen machte, zu besuchen.

Die überfütterten Karpfen tun es uns nicht gleich an wie die imposante Moschee und der grosszügige (schattige!) Park. Die Kinder laufen uns brav hinterher und lassen diesen kulturellen Anlass ganz gut über sich ergehen. Zum Glück waren da immer wieder für Kinderaugen anziehende Sachen wie ein Wasserrad, eine kleine Brücke, eine Mauer zum erklettern etc. Sogar einen Abstecher in den Basar liessen wir uns nicht entgehen. Mitten im Gewühl der Leute spricht uns ein Mann an und stellt sich als Fremdenführer und Übersetzer vor. Er hätte einst (wann genau wissen wir schon nicht mehr) für Micheline Calmy-Rey an einem Treffen in der Türkei übersetzt. Er rühmt die Frau in den höchsten Tönen und gibt uns noch ein paar Tipps und seine Visiten-Karte mit auf den Weg.

Nach Abschluss unserer Erkundungstour gibt’s ein Glacé für die (fast ausschliesslich) geduldigen Kinder und im nahegelegenen 5*Hotel eine kühle Erfrischung und vor allem Internetzugang für die iPhone-Besitzer. Vor unserer Einreise nach Syrien wollen wir nochmals die Situation beurteilen. Es schaut aber so aus, als könnten wir morgen die Einreise in das Land, das uns seit Wochen enorm beschäftigt hat, wagen.

Wir fahren am Nachmittag noch ein paar km südwärts von Sanliurfa weg und übernachten am Strassenrand. Nach einer durch Mücken geplagten und lärmigen Nacht ziehen wir kurz nach 8 Uhr los. Die Pässe und Autopapiere griffbereit, das Bier zuunterst in den Staukästen versorgt. Kurz vor dem türkischen Grenze klingelt das Telefon. Es ist Herr Oertle von der Botschaft in Damaskus. Er will sich erkundigen, wie es uns geht und uns viel Glück für den Syrien-Transit wünschen. Er weist uns nochmals auf die schlechte Dieselversorgung im Land hin. Zudem bittet er uns, ihm mitzuteilen, wenn wir in Jordanien angelangt sind. Ja klar, das werden wir doch machen! Danke, für Ihre Bemühungen, Herr Oertle! Jetzt aber nichts wie los zum türkischen Zöllner. Diesel tanken tun wir entgegen den Empfehlungen doch nicht, wir gehen das Risiko ein und hoffen, irgendwo in Syrien an den dort so billigen Treibstoff zu kommen.

Eigentlich rechneten wir mit einer schnellen Abfertigung auf türkischer Seite und einer eher aufwändigen Geschichte auf der syrischen Seite. Aber es kommt anders: An der ersten Kontrollstelle lässt man uns schnell durch, nachdem die Ausweise beäugt sind. Aber beim nächsten Zollgebäude (Personenabfertigung) geht nichts mehr. Englisch spricht erst mal keiner und ungeduldige Grenzgänger schupsen Sämi zur Seite, als er unsere Ausweise zurück haben möchte. Die Ausweise kommen nicht mehr zurück und werden zur Seite gelegt und man schickt uns aus der Kolonne heraus auf einen Abstellplatz. Der freundliche Polizist von vorhin kommt und klärt ab, was da los ist. Wir hätten ein Problem: Wir sind bis und mit der Türkei mit der ID über die Grenzen (ausser Gian, weil seine ID verfallen ist). Nun verweigert man uns die Ausreise, weil wir keinen türkischen Einreisestempel im Pass haben (ausser Gian, der darf auch sofort ausreisen, heisst es). Das weisse ID-Begleitzettelchen mit dem Einreisestempel von Ipsala interessierte die Beamten nicht. Wir hätten nun ein Problem: Wir müssten entweder mit dem Flugzeug ausreisen oder alles zurück und nach Bulgarien oder Griechenland über die Grenze und den Pass abstempeln lassen. Logisch, nicht? Nein, wir haben kein Problem, ihr habt eines! Fest entschlossen, dass wir HIER ausreisen werden, begleitet Sämi den Zöllner ins Büro und schon bald wird die Sache in die obere Etage delegiert und schliesslich (nach zweieinhalb Stunden!) bekommen wir grünes Licht (grosse Ausnahme, im Fall!) und wir können weiter. Schlussendlich hat Sämi nach einem Tee bei Chef erfahren, dass es nicht um die ID-Geschichte ging, sondern der Zoll vorübergehend ohne Internet ist und sie uns manuell auschecken mussten. So was!

Syrien – gut beraten und zum Glück problemlos durch ein krisengeschütteltes Land

Die Einreise nach Syrien dauerte «nur» eineinhalb Stunden. Aber alles verlief korrekt und freundlich. Wow! Wir haben es geschafft! Wir sind in Syrien!

Wir fahren südwärts und finden bald eine Tankstelle und siehe da: Es gibt sogar Diesel! Die letzten syrischen Pfund, die wir an der Grenze gewechselt haben, werden gleich mal investiert.

Durch wunderschöne Wüstenlandschaften fahren wir weiter und geniessen die Fahrt vorbei an winkenden und herzlichen Menschen. Bei Ar Raqqa stellen wir fest, dass Diesel tanken tatsächlich problematisch sein kann. Die meisten Tankstellen sind ausgeschöpft und da, wo es Diesel gibt, stehen lange Lastwagenkolonnen. Da haben wir ja Schwein gehabt!

Bald erreichen wir Ar Rusafa – eine römische Festung mitten in der Wüste. Kein Mensch ist hier, die «Cafeteria» hat geschlossen. Offensichtlich kommen keine Touristen mehr. Dafür haben wir die riesengrosse Anlage ganz für uns alleine und sind begeistert! Im Schatten der Festungsmauern geniessen wir die letzte türkische Melone aus dem Kühlschrank. Eine herrliche Erfrischung bei der Nachmittagshitze mitten in der syrischen Wüste. Wir bleiben fast zwei Stunden an diesem tollen Ort und vergessen ein bisschen die Zeit. Schliesslich sind es noch über 100 km bis zum Tagesziel Tadmur (Palmyra).

Und dieses erreichen wir schliesslich auch erst knapp nach Sonnenuntergang (aber nach einer sehr schönen Fahrt bei Abendstimmung). Dank GPS finden wir auch den Platz von Mohammed Al-Baider, der in einem idyllischen Garten direkt neben dem Baal-Tempel im historischen Palmyra liegt. Erschöpft von der langen Fahrt nehmen wir dankend einen Tee vom Gastgeber an.

Es sind noch syrische Besucherinnen mit ihren Kindern auf dem Platz und wir kommen schnell ins Gespräch mit den Frauen. Vor allem Dina spricht hervorragend Englisch und es gibt einen lustig-gemütlichen Dialog von Frau zu Frau an diesem Abend. Nach einem Teller Penne (natürlich auf Wunsch unserer kleinen Pastaliebhaber) ist schlafen angesagt.

Wir haben uns schon in der Türkei entschieden, hier einen Tag Pause einzulegen. Und so machen wir uns am nächsten Morgen auf Besichtigungstour der weitläufigen römischen Anlage Palmyras - die Kinder per Velo. Aber ein Lausbub hat uns in einer Stadt auf der Fahrt hierher an Gian’s Velo die Ventile abgeschraubt (während ich vorne den lieben Kindern Bonbons verteilt habe!). Aber Mohammed zögert keine Sekunde, packt Gian’s Velo auf sein Motorrad und weg ist er. Nach kurzer Zeit ist er schon wieder da – das Velo mit neuen Ventilen und gepumpt. Zudem hat er noch veranlasst, dass der Baal-Tempel extra für uns geöffnet wird. Wir sind die allereinzigen Besucher seit Langem und geniessen dieses Privileg extrem. Das ist schon der Hammer, wenn man so etwas einfach für sich alleine geniessen darf. Aber für die Leute hier, die dringend auf den Tourismus angewiesen sind, ist das natürlich eine leidige Sache. Nach einem feinen syrischen Nachtessen von Ahmed (Mohammed’s Angestellter) fahren wir am Mittwoch aus Palmyra hinaus und müssen aber an einer Strassenblockade rechtsumkehrt machen. Die jungen bewaffneten Männer haben uns freundlich aber bestimmt aufgefordert, nicht durch die Stadt zu fahren. Was auch immer sich da zutragen mag: Wir lassen Palmyra problemlos hinter uns und folgen der Hauptstrasse nach Damaskus. Hier ist die Landschaft eintönig und langweilig. Wir passieren viele Militärcheckpoints. Aber überall werden wir freundlich behandelt und schnell weiter gelassen.

In Dumayr suchen wir die Abzweigung südwärts (um Damaskus zu umfahren), aber wir geraten mitten in die verkehrsreiche Hauptstadt hinein und müssen auch hier diverse Checkpoints passieren, bis wir endlich die Autobahn erreichen, die uns aus dem Chaos und in den Süden nach Bosra bringt.

In Bosra fahren wir direkt zum Amphitheater. Auf dem Platz davor müsste man übernachten können, haben wir gelesen. Sofort werden wir von einem seit Monaten aus bekannten Gründen arbeitslosen Touristenführer freundlich empfangen und er sagt, wir können direkt neben dem Restaurant parkieren. Dann führt er uns auf unseren Wunsch hin noch schnell durch das gut erhaltene römische Amphitheater (und spätere islamische Festung). Auch dieses historische Bauwerk können wir ganz alleine für uns geniessen und mit dem Führer Zacharias ergeben sich interessante Gespräche über dieses und jenes. Nur über die Lage in seinem Land hält er sich bedeckt, wie fast alle anderen Syrier, mit denen wir geredet haben, übrigens auch. Die meisten halten sich immer noch an den «von oben» verpassten Maulkorb. In Bosra treffen wir tatsächlich noch auf einen anderen Reisenden: Chris aus Deutschland ist unterwegs nach Jordanien. Natürlich tauschen wir unsere Syrien-Erfahrungen aus und es steht uns ein gemütlicher Abend im Restaurant bei syrischem Mansaf (Reis mit Gemüse-Poulet-Eintopf) bevor. Zacharias verbringt die ganze Nacht neben unseren Fahrzeugen und am nächsten Morgen besorgt er uns Fladenbrot – natürlich mit dem Motorrad. Syrien ist ein Töff-Land. Vom syrischen Fladenbrot und schweizer Schoggimilch gestärkt, nehmen wir die wenigen km bis zur jordanischen Grenze unter die Räder.

Wir verlassen nach nur vier Tagen Syrien mit einem weinenden und einem lachenden Auge: Lachend, weil wir mega froh sind, dass der Transit durch dieses sehr unsicher Land geglückt ist und weinend, weil wir leider nicht sehr viel von den Schätzen dieses schönen Landes zu sehen bekamen. Aber wir sind im Nordosten durch eine bezaubernd schöne Wüstenlandschaft gefahren und das Dank den Unruhen. Sonst hätten wir nämlich die westlich gelegene Hauptroute gewählt (über Hama und Homs). Eins ist klar: Wenn sich die Lage gebessert hat, kommen wir wieder nach Syrien und holen nach, was nachzuholen ist. Syrien ist ein wunderschönes Land mit wunderbaren Menschen!

 

Jordanien – von Gladiatorenkämpfen, Berg- und Talfahrten und Bade(un)vergnügen in toten Wassern

Alles in allem dauern die beiden Grenzübertritte vier Stunden – für uns eine positive Zeitbilanz. Wir werden stets freundlich und korrekt behandelt. Schliesslich müssen wir uns überall durchfragen: Personenkontrolle? Fahrzeugkontrolle? Aus- resp. Einreisegebühren? Geld wechseln? Versicherung fürs Fahrzeug lösen? Jordanien-Visum? ...?

Welcome to Jordan! Danke! Aber zuerst müssen wir sofort Bescheid in die Schweiz geben. Per SMS (Anrufe übers Handy schlagen fehl) können wir mit Erleichterung unseren Eltern und Herrn Oertle in Damaskus mitteilen, dass wir Jordanien erreicht haben. Auch wenn der ganze Transit aus unserer Sicht absolut unproblematisch und ungefährlich vonstatten ging: Wir wissen, dass zuhause sehr viele mitgefiebert haben und sind auch deswegen so froh, dass alles geklappt hat und wir endlich durch sind. Ein grosser Stein auf unserem Weg nach Afrika ist aus dem Weg gerollt!

Wir fahren noch etwa 60 km bis Jerash und merken schnell: In Jordanien kostet das Vorankommen Zeit. Denn das Land ist ungemein hügelig und es geht rauf und runter und wieder steil rauf und wieder runter. So dauert die Fahrt bis Jerash entsprechend länger als gedacht und endlich beim Camping des Hotels «Olive Branch« auf den Hügeln über Jerash angelangt, reicht es gerade noch für einen Schwumm im Pool, bevor der Wind hier oben (900 m.ü.M.) doch schon zum Faserpelztragen auffordert.

Am Freitag steht der Besuch der römischen Stadt Geraba (heute Jerash) an. Die Stadt ist noch sehr gut erhalten, so dass man sich das Leben hier vor rund 2000 Jahren sehr gut vorstellen kann. Höhepunkt für unsere Kinder (die übrigens die römischen Säulen und Tempel langsam satt haben und lieber im Sand neben dem Eingang spielen) ist dann der Besuch einer Gladiatorenkampf- und Wagenrennen-Vorführung im Hypodrome von Jerash.

Nun: Verkleidete Jordanier machen mehr oder weniger brav ihren Job und spielen uns wenigen (aber immerhin hat es welche) Touristen den römischen Alltag vor. Nachher gibt’s noch einen Fototermin mit den harten Jungs, bevor diese im Schatten wieder ihre nächste Zigarette rauchen um sich mental für die Nachmittagsvorstellung vorzubereiten.

Der römischen Ausgrabungen genug gesehen, geht’s tags darauf weiter durch Amman bis ans tote Meer. Hier wollen wir das einmalige Feeling vom Gondeln im sehr salzhaltigen Wasser erleben. Das muss hart verdient sein: Bei grosser Hitze (schliesslich sind wir fast 400 Meter unter dem Meeresspiegel!) klettern wir zum Ufer runter und setzen uns vorsichtig ins fast heisse Wasser dieses speziellen Sees. Das Salz brennt an der Haut und die Kinder werden sofort wieder an ihre Schürfungen und Kratzer der letzen Tage erinnert. Ja, ein Erlebnis ist das ja allemal, wenn man einfach so ins Wasser sitzen und dabei Zeitung lesen kann. Aber für Olivia und Gian, die vor allem spritzen und tauchen wollen, ist dieses Meer nichts. Und so klettern wir wieder den Hügel hoch und sind von Salz und Schweiss verklebt.

Zum Glück haben wir eine Dusche in unserer Schildkröte und können das Geklebe loswerden und die grosse Hitze einen Moment lang erträglicher machen. Eins ist schnell klar: Hier wollen wir nicht unser Nachtlager aufschlagen. Es ist zu heiss und es ist auch nicht schön hier (überall liegt massenhaft Abfall) und eben: Ein Badevergnügen ist es nicht wirklich. So fahren wir weiter bis ans Ende des 30 km langen Sees und stechen dann ostwärts in die Berge und fahren bis nach Karak. Hier gibt’s eine riesige Kreuzritterburg zu besichtigen. Schon von weitem können wir sie sehen. Wir fahren mit unserem Gefährt direkt ins Städtchen hinein, immer aufwärts bis zur Burg. Es wird schmal und schmaler, aber es geht und schon stehen wir direkt vor der Zufahrt zum Eingang. Ein netter Mann öffnet die Absperrung und winkt uns in die Fussgängerzone. Wir können hier, direkt vor der Burg, übernachten.

Und wieder begleitet uns ein einmalig schöner Sonnenuntergang und Ausblick aufs tote Meer beim Feierabend-Bier und die Kinder klettern auf den Burgmauern und der alten Kanone herum.

Am nächsten Morgen klopft es um 6 Uhr an unsere Tür. Polizei??? Nein! Ein netter Herr steht da und streckt uns frisches Brot und Trockengebäck für die Kinder entgegen. Er sei der Burgwächter und hätte im Burggraben unten in einem Wohnwagen geschlafen. So freundlich sind die Leute hier. Das ist unglaublich und sehr schön! So macht das Reisen wirklich Freude!

Nach einem ausführlichen Besuch der tollen Ritterburg (Olivia meint, dass das Timon und Frank auch gefallen würde!) nehmen wir die Königsstrasse Richtung Süden. Vorher aber dürfen wir noch das Innenleben unseres Wohnmobils dem chinesischen Botschafter von Jordanien und seiner Gefolgschaft vorführen. Sie zeigen sich sehr beeindruckt, denn so etwas hätten sie noch gar nie gesehen, sagen sie in China-English… Und Sämi’s Stolz ist nicht übersehbar ?.

Wir wollen noch heute vor die Tore Petras gelangen. Das tun wir auch nach langer aber sehr schöner Fahrt über Berg und Tal. In einem Wadi (Flussbett) suchen wir einen Platz auf, den wir in unserem Reiseführer empfohlen bekommen haben. Es handelt sich um einen tatsächlich wunderschönen Platz inmitten steiler Felsformationen. Wir verdienen unser Nachtessen mit einem Spaziergang durch die Felsen. Hier verbringen wir wieder mal eine von absoluter Stille geprägte Nacht in der Wüste. Das ist einfach etwas Wunderschönes! Vorher machen wir noch ein Lagerfeuer und bewundern den hellen Mond, der deutliche Schatten wirft und den Sternenhimmel. Und da es in der Wüste nachts bekanntlich abkühlt, verbringen wir eine angenehme und Mückenfreie Nacht im Felsenmassiv unweit von Wadi Musa (so der Name des Ortes, von wo aus man nach Petra gelangt).

Petra ist das Highlight Jordaniens. Es werden stolze Eintrittspreise verlangt. Aber es ist uns wert. Auf dem Pferderücken werden wir zum Eingang des Siq gebracht. Der Siq ist eine Schlucht, die man über einen knappen Kilometer durchwandert. Schon der Siq ist seinen Besuch wert. Es ist angenehm kühl in den Felsen und es gibt schon hier allerhand zu entdecken: Das Wasserleitungssystem der ehemaligen Bewohner Petras (Nabatäer), Wasserfassungen, Fresken, Nischen und Höhlen.

Beim Schatzhaus des Pharao angelangt warten Kamele und Maultiere auf Kundschaft. Olivia und Gian streiken schon jetzt (was zu erwarten war) und deshalb mieten wir für die beiden ein Maultier. Zügigen Maultierschrittes geht es jetzt weiter ins Zentrum des weitläufigen Geländes dieser beeindruckenden ehemaligen Felsenstadt, vorbei am Amphitheater, Felsengräbern, Tempeln und vielen Souvenir-Ständen. Olivia und Gian finden offensichtlich Gefallen am Reiten (zum Glück) und so nehmen wir die über 800 Tritte umfassende steile Felsentreppe zum Tempel und später als Kloster genutzten Ed Deir in Angriff.

Das Maultier nimmt auch die Treppe zügig unter die Hufe und so gelangen wir leicht ausser Atem (zum Glück haben wir noch ein bisschen Lauftrainig in den Beinen!) nach oben und werden mit einer sagenhaften Aussicht auf Petra auf der einen Seite und bis ans tote Meer und nach Israel auf der anderen Seite belohnt. Auch der Tempel ist mit seiner Grösse beeindruckend und man fragt sich da schon, wie die Menschen das damals geschaffen haben. Olivia und Gian sind tapfere und gute Reiter, auch auf der Felsentreppe lassen sie sich nicht vom Gaul abwerfen und so haben wir nach 6 Stunden Petra regelrecht durchwandert und ein kaltes Wasser und ein Glacé verdient! Es hat uns sehr gut gefallen in Petra, nicht zuletzt auch, weil es nur wenige Touristen hat (Jordanien leidet auch unter der Krise in Syrien und Ägypten). Absolut störend sind die russischen Touristen, die für ein islamisches Land wie Jordanien völlig unangepasst gekleidet (die Frauen zeigen sehr viel nackte Haut und tragen durchsichtige Kleider) und die Regeln missachtend einen höchst bedenklichen Auftritt haben.

Staubig, verschwitzt und müde freuen wir uns auf ein Weiterfährtchen mit unserer Schildkröte, raus aus dem von Souvenirständen gesäumten Wadi Musa und rauf in die Berge auf die Königsstrasse, wo sich die Kinder «Zottel, Zick und Zwerg» anhören und sich bald ein Schläfchen gönnen.

Am Abend erreichen wir Aqaba, die einzige Stadt Jordaniens mit Meeranstoss, wo wir uns mit einem Sprung in den Swimming Pool des «Bedouin Garden Village» vom langen und anstrengenden Tag erfrischen und zünftig abstauben können. Ja, wir sind am roten Meer angelangt und Afrika steht vor der Türe (. «Simmer jetzt denn bald z Afrika?» «Ja, jetzt gahts würklich nüme lang!» Aber jetzt wollen wir noch ein paar Tage in Aqaba bleiben und den Pool resp. das rote Meer geniessen. Das Schnorcheln im Riff ist sehr lohnenswert! Wir können von unserem Standplatz aus zu Fuss zum Meer hinunter.

Zudem müssen wir uns noch schlau machen, wie das mit der Fähre läuft (wir haben gelesen, dass sie um Mitternacht aus Aqaba ausläuft und 3 Stunden später in Nuweiba ankommt – nicht gerade ideal mit unseren Kindern) und wir statten noch einen Besuch auf dem ägyptischen Konsulat in Aqaba ab, um die Visum-Frage zu klären. Schliesslich wollen wir auf ägyptischer Seite nicht am Hafen stehen und mangels Visum zurück nach Jordanien geschickt werden.

So, liebe Leserinnen und Leser. Das wars aus dem nahen Osten. Der nächste Bericht erreicht euch hoffentlich aus AFRIKA…in shallah...